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um, die Pfründe, welche zum Unterhalt der für den Kirchendienst angestellten
Geistlichen bestimmt sind. Hierzu zählen Grundstücke, Renten, Zehnten
, Oblationen, Kapitalien, usw.
Zur dritten Art der Kirchengüter zählen die Stiftungen.
Das Weingartener Rechnungswerk besteht zum überwiegenden Teil aus
,,Heiligenrechnungen" (1681-1820), danach „Kirchenrechnungen" und
,,Kirchenfondrechnungen" genannt. Ähnlich wie die eigentlichen Pfründe
bestand das Vermögen aus einem ursprünglichen Dotationsgut, bestehend
aus Grundeigentum, Geld- und Bodenzinsen, Gülten und Fällen. Später kamen
Zuwendungen durch Geschenke, Vermächtnisse und Stiftungen hinzu.
Da dieses Vermögen vor der Veräußerung rechtlich geschützt war, wurden
alle nicht für die Unterhaltung der Kirchenbedürfnisse benötigten Kapitalien
und Zinsen als verzinstes Kapital weiterverliehen. Die Kirchenfabrik nahm
damit eine wichtige Funktion als lokales Geldbeschaffungsinstitut wahr.30
Von den frühen Weingartener Heiligenpflegern aus der Zeit vor 1680 ist uns
bisher wenig bekannt. Die älteste Erwähnung bezieht sich auf Bastian Schüt-
terlin (ca. 1532). 1629 hatte ein gewisser Martin Schilling das Amt inne,
1631 der Ortenberger Gerichtszwölfer Georg Meyer, 1667/68 wird der Zeller
Gerichtszwölfer Adam Basler erwähnt.31
Von 1724 bis zur Auflösung des Gerichts Ortenberg im Jahr 1806 übernahmen
die Vögte des Gerichts Ortenberg das Amt des Heiligenpflegers.
Welche lokalgeschichtliche Erkenntnisse können wir anhand der Kirchenrechnungen
gewinnen?
Vom Spanischen Erbfolgekrieg zur Blütezeit der Weingartener Kirche
Im Jahr 1714 ist der Spanische Erbfolgekrieg noch voll im Gange. Die Orte-
nau ist nach einer langen Kriegsepoche am Boden zerstört. Mehrere Plünderungsfeldzüge
der Franzosen hatten bis zu diesem Zeitpunkt die Bevölkerung
heimgesucht.
1703 werden in Weingarten „die Klockhen auß dem Kirchthurm abgenoh-
men undt in Sücherheit saluirt".32 Der gewöhnliche Gottesdienst muß
wegen „gefährlicher Kriegswirren" entfallen. Der Opferstock wurde vorsorglich
geleert.
Ein Jahr später wiederholt sich der ganze Vorgang.33
Im Januar 1714 schreibt ein Ortenauer Amtmann:
„Schließlich es will kein end nehmen mitt denen Ahnforderungen,
und die Ortenaw ist desmahlen in solch miserablen standt, daß deren
Errettung kaum zu sehen".34
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