Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 334
(PDF, 111 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0334
„Der Besitz von Räumen soll während des Krieges grundsätzlich gesichert bleiben. Unter diesen
Gesichtspunkten wurde der Mieterschutz auch für das Untermieterverhältnis anwendbar erklärt
, wenn der Untermieter die Räume ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen
ausgestattet hat oder in den Räumen mit seiner Familie eine selbständige Haushaltung führt."79

Der Mieterschutz ging aber nicht so weit, eine völlige Unkündbarkeit zu garantieren
. Mietrückstände galten auch weiterhin als Kündigungsgrund — die
„Volksgemeinschaft" hatte ihre Grenze dort, wo fiskalische Erwägungen begannen
:

„Die Miete verbleibt zu ihrem größten Teil nicht dem Vermieter. Er muß sie als Zins- und Tilgungsbeiträge
an die Hypothekengläubiger, als Steuern, Abgaben, Gebühren an die Gemeinden
oder Versorgungsbetriebe abführen oder sie für eine ordnungsmäßige Instandhaltung des Gebäudes
verwenden. Eine Unmöglichkeit für den Hausbesitz, diese Verpflichtungen zu erfüllen,
müßte zu den schwersten Auswirkungen im staatlichen und wirtschaftlichen Leben führen."80

Am 15. November 1944 wurde der Mieterschutz drastisch gelockert, vor allem
was die Untervermietung betraf: fiel der im Mietvertrag festgelegte
Zweck der Vermietung weg, so erlosch damit auch der Kündigungsschutz,
und der Vermieter war berechtigt, die Räume wieder für sich selbst bzw. im
Auftrag des Staats zu nutzen.81

Ende 1942 begann — folgt man den vorliegenden Zeitungsberichten — die
staatliche Umverteilung des knapper werdenden Wohnraums. Zunächst regte
die NSDAP , ,die Schaffung von Wohnungstauschstellen in den Städten des
Kreises Offenburg an".82 Vorerst war nur davon die Rede, daß kinderreiche
Familien mit geeigneten Wohnungen versorgt werden sollten. Diese Parteiinitiative
wurde kurz danach in einer Verordnung des Reichsarbeitsministers
aufgegriffen und auf, ,die Familien von Kriegsversehrten der Stufe II und III
mit einem und mehr Kindern und von Kriegshinterbliebenen mit zwei Kindern
"83 ausgedehnt. Freiwerdende Wohnungen mußten „auf einem vorgeschriebenen
Vordruck bei der Gemeinde"84 angemeldet werden, die dann
geeignete Mieter suchte. Zwar konnte der Vermieter auch von sich aus die
Wohnung an Mieter aus dem dafür vorgesehenen Personenkreis vermieten,
mußte den Abschluß des Mietvertrages aber der Gemeinde melden. Zwei
versteckten Formulierungen in diesem Artikel kann entnommen werden, daß
die Wohnungsknappheit tatsächlich beträchtlich und es üblich war, auch auf
nicht legalem Weg in den Besitz eines Mietvertrags zu kommen — „Dem
wilden Wohnungshandel werden Schranken gesetzt"85 —, daß aber andererseits
der Nutzen der Verordnung eingeschränkt war, denn am Ende des Artikels
heißt es, daß die Kinderreichen, Hinterbliebenen und Versehrten
entsprechende Wohnungen zugewiesen bekämen, „sofern solche frei werden
"86; ein Rechtsanspruch dürfte also nicht bestanden haben.

Nicht ohne publicityträchtige Eitelkeit verlegte die NSDAP in Offenburg
daraufhin mehrere Parteidienststellen aus Wohnungen in andere Räume:
„Das Beispiel, das die Partei damit gibt, verdient Nachahmung."87

334


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0334