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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 355
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Regierung, nach dem Aufstand in Rastatt aus Karlsruhe geflüchtet, war über
soviel Eifer eines selbsternannten Staatsschützers nicht erbaut. Sie hat die
Revolution mit Hilfe preußischer Truppen niedergeschlagen. Den politischen
Professor Büß wollte sie nun aus dem Staatsdienst entlassen, wozu es
am Ende dann doch nicht kam. Der Kurator der Universität verteidigte Büß
mit Argumenten, die diesem kaum gefallen konnten, aber doch den gewünschten
Erfolg des Verbleibens im Amte hatten. Er schrieb an die Regierung
, daß Büß „ein Phantast ist, von dem nicht anzunehmen ist, daß er
vorhandene Tatsachen absichtlich ignoriert oder entstellt, sondern der, in fixen
Ideen befangen, die Außenwelt hiernach konstruiert"29.

An Mißbilligung seiner Initiativen durch die Regierung war Büß schon gewöhnt
. Schwerer traf ihn das Zerwürfnis mit seinem katholischen Mitstreiter
und Mitglied der Ersten Bad. Kammer, Freiherr von Andlaw. In seinem gegenrevolutionären
Aufruf hatte Büß dem Adel vorgeworfen, sich mit dem
neuen Staat allzu leicht zu arrangieren, um Karriere zu machen30. Wahrscheinlich
war Büß enttäuscht, für seine verwegenen Pläne nicht einmal bei
den Repräsentanten der alten Gesellschaft Verbündete zu finden. Aber
schließlich fesselte ihn eine neue Idee, die ihn alte Wunden vergessen ließ.
Nachdem in der Paulskirche die Grundrechte definiert waren, sollte die nationale
Frage geklärt werden. Unter wem sollten die vielen kleineren und
größeren Herrschaften in Deutschland geeint werden — unter der Krone des
Königs von Preußen oder des Kaisers von Österreich? Ersteres wollten die
Kleindeutschen, letzteres die Großdeutschen. Büß, der Österreich gern seine
,,erste Heimat"31 nannte, nicht um sein Heimatstädtchen Zell zurückzusetzen
, sondern um seine Abneigung gegen Preußen zu bekunden, war natürlich
ein Großdeutscher. Dem militärischen Gebaren des Preußen, „der
selbst im Schlafrock noch Dienst" mache, stellte er das Naturell des Alemannen
entgegen, sich lieber gehen zu lassen. Ein gewichtigerer Grund aber
war wohl die jahrhundertelange Zugehörigkeit seiner süddeutschen Heimat
zu Österreich. Nicht zuletzt aber war m. E. entscheidend, daß das Haus
Habsburg katholisch und das preußische Königshaus evangelisch war.

Gegen die Lösung der Großdeutschen stand das Integrationsproblem. Konnten
die Deutschen sich in einem Reich heimisch fühlen, zu dem auch slawische
Völker gehörten? Für Büß war der Vielvölkerstaat offenbar kein
Problem, er dachte ohnehin nicht an einen Einheitsstaat, sondern an eine föderalistische
Union. Die zweite Schwierigkeit, mit der sich die Großdeutschen
konfrontiert sahen, war der bereits im Jahre 1806 erfolgte Verzicht des
österreichischen Kaisers Franz auf die deutsche Krone32. Doch Büß war
der Meinung, das ließe sich rückgängig machen. Und er träumte schon davon
, daß nach mittelalterlicher Tradition der Papst dem österreichischen Regenten
als dem Erben des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation die

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