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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 440
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Die Bollenhuttracht

Entwicklung, Pflege, Vermarktung

Heinz Schmitt

Wie alle Kulturgüter hat auch unsere Kleidung eine lange Entwicklung
durchlaufen und war dabei ständigen Veränderungen unterworfen.1 Das gilt
nicht nur für modische Kleidungsweisen, sondern ebensogut für bäuerliche
Trachten. Es ist geradezu das Kennzeichen lebendiger Tracht, daß sie auf
modische Vorbilder reagiert, Neuerungen aufnimmt und dadurch überhaupt
tragbar bleibt. Wo dies nicht mehr erfolgt, wo eine Erstarrung eintritt, ist
die Tracht unweigerlich zum Absterben verurteilt und kann bestenfalls, auf
einem bestimmten Stand verharrend, noch als Vereins- und Vorführkostüm
besichtigt werden.

Jahrhundertelang war die Kleidung der Bauern äußerst einfach, färb- und
schmucklos. Zwar setzten sich im Mittelalter der Adel und die Patrizier der
reichen Städte deutlich von den Bauern ab, doch lagen die Unterschiede der
Bekleidung weniger in den Schnitten als in der Verwendung verschieden
wertvoller Materialien. Vom 15. Jahrhundert an gab es Kleiderordnungen,
die den Bauern die Verwendung von Seide, Samt, kostbaren Pelzen,
Schmuck und sogar von bestimmten Farben untersagten. Doch kümmerten
sich die Betroffenen oft nicht darum und versuchten immer wieder, die
höheren Stände nachzuahmen. Noch im 18. Jahrhundert waren Kleiderordnungen
erlassen worden, die letzte auf später badischem Gebiet 1773 für das
Territorium von St. Blasien. Im Zusammenhang mit der Aufklärung und im
Gefolge der Französischen Revolution von 1789 mit ihren Ideen von der
Gleichheit aller Menschen, die eben auch in der Kleidung zum Ausdruck
kommen sollte, waren die Kleiderordnungen gegenstandslos geworden. Von
da ab konnten sich die bäuerlichen Trachten völlig ungehindert entfalten.
Viele Kleidungsforscher verlegen daher die Entstehung der Volkstrachten im
heute verstandenen Sinn an das Ende des 18. Jahrhunderts.2

In vielen Landschaften ist es allerdings nicht zur Ausbildung eigentlicher
Volkstrachten gekommen. Grundsätzlich läßt sich feststellen, daß die Entstehung
und Bewahrung von Trachten in erster Linie nicht auf abseitiger Verkehrslage
oder gar dem Stammescharakter eines Gebietes beruhen, sondern in
der Hauptsache von wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten abhängen.
Trachten entwickelten sich vor allem da, wo die Landbevölkerung die benötigten
Stoffe selbst herstellte oder aus eigenen Produkten herstellen ließ und wo
sie außerdem wohlhabend genug war, um sich teurere Materialien hinzukaufen
zu können. Armut war kein Boden, auf dem Trachten gedeihen konnten.3

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