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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 444
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hut.6 Auf einem Bild von Josef Bader aus der Zeit um 1840 erkennt man,
daß die immer noch kleinen Wollrosen jetzt die Kuppe des breiten Hutes bedecken
und in vier Reihen zu je zwei Bollen nach hinten laufen.7 Darstellungen
der Zeit zwischen 1860 und 1870 von Charles Lallemand8, Rudolf
Gleichauf9 und Benjamin Vautier10 zeigen zwar eine gewisse Vergrößerung
der Bollen, doch hat sich der Hut immer noch die breite Form der sonst üblichen
Schwarzwälder Strohhüte erhalten. Charles Lallemand nennt ihn ein
Wunder an gutem Geschmack und findet besonders bemerkenswert, daß die
junge Großherzogin Luise, eine preußische Prinzessin, bei ihren Fahrten
durch den Schwarzwald den Hut getragen und durch ihr Vorbild die weiblichen
Badegäste in Rippoldsau und Wolfach dazu angeregt habe, den Gutachter
Hut gleichfalls aufzusetzen.11 Dieser Vorgang machte den Hut tatsächlich
zu etwas Besonderem und legte den Grund zu seiner künftigen
Berühmtheit.

Von 1880 an erfuhr die Gutacher Tracht immer stärkere Beachtung. In diesem
Jahr hatte sich der Maler Wilhelm Hasemann in Gutach niedergelassen.
Anlaß dafür war der Auftrag des Verlags Cotta in Stuttgart an Hasemann,
Berthold Auerbachs Novelle „Die Frau Professorin" zu illustrieren. Hasemann
wollte am Schauplatz des ersten Teils der Erzählung Studien machen,
blieb aber schließlich bis zu seinem Tod im Jahre 1913 in Gutach.12 Er wurde
zum Schwarzwaldmaler und zum Maler der Gutacher Tracht. Zeitweise
hielten sich weitere Maler hier auf, so daß von einer Gutacher Malerkolonie
gesprochen werden kann, doch siedelte sich nur Curt Liebich, der Schwager
Hasemanns, auf Dauer an.

Die vielfache künstlerische Darstellung machte die Tracht erst recht bekannt
und zog immer mehr Gäste aus aller Welt nach Gutach. Sie trug aber auch
dazu bei, den Bollenhut zu verändern. Seine Hervorhebung als charakteristischer
Bestandteil der Tracht führte zu einer immer stärkeren Betonung des
Hutes. Die ursprünglich so bescheidenen Wollrosen wucherten allmählich
zur Ubergröße und ließen von der Strohunterlage nicht mehr viel sehen. Dadurch
wurde der Hut, dessen Strohteil überdies gegipst und geleimt wurde,
aber auch schwerer und unbequemer. Diese Entwicklung zu einer hypertrophen
Form war schon vor der Jahrhundertwende vollzogen.

So häufig wie Künstler und Trachtenumzüge vermuten ließen, wurde die
Tracht allerdings am Ausgang des 19. Jahrhunderts schon nicht mehr getragen
. Vor allem der Bollenhut war relativ selten zu sehen. Aus dem ursprünglich
leichten, alltäglich zu tragenden Strohhut war ein schweres Prunkstück
geworden, das nur noch zu festlichen Gelegenheiten aufgesetzt wurde. Wegen
seiner Wetterempfindlichkeit konnte der Hut nicht dem Regen ausgesetzt
werden. Die jungen Mädchen verzichteten vielfach ganz darauf, so daß der
teurere rote Bollenhut, der gewöhnlich zur Konfirmation angeschafft wurde,
noch weniger zu sehen war als der etwas billigere schwarze, der von der

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