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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 445
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Hochzeit an getragen wurde. Dies bestätigt auch Hasemann in einem Brief
an den Karlsruher Gewerbeschuldirektor Cathiau vom 5. Oktober 1894.13

Verschiedentlich wurde versucht, den Bollenhut mit einer christlichen Symbolik
in Zusammenhang zu bringen. So sah Professor Curt Liebich in der
Form, in der die Bollen angeordnet wurden, das Kreuz mit zwei seitlichen
Kreuzstützen. Dies sei allerdings durch die Größe der Bollen jetzt nicht
mehr erkennbar.14 Die Trachtengraphik aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
läßt aber erkennen, daß die Ansicht Liebichs nicht zutreffen kann.
Ebensowenig wird man sich mit den Auffassungen von Erik Thurnwald,
dem früheren Pfarrer von Kirnbach, anfreunden wollen, der die Tracht als
typische „Kirchentracht" bezeichnet und ihr eine Symbolik zugrunde legt,
die durch historische Zeugnisse nicht zu belegen ist. Auch er macht sich die
Meinung von der Anordnung der Bollen in Kreuzform zu eigen und will darüber
hinaus in der Zahl der elf Wollrosen, die in Kirnbach üblich sind, einen
Zusammenhang mit der christlichen Zahlensymbolik erkennen, nämlich
„vier und vier bezeichnet Erde und Himmel, über ihnen die drei als die Zahl
des dreieinigen Gottes".a Diese Auffassung ist auch deswegen fragwürdig,
weil in Gutach vierzehn Bollen die Regel sind, was auch schon mit den heiligen
Vierzehn Nothelfern in Verbindung gebracht wurde, eine Interpretation,
die für die Tracht eines evangelischen Dorfes ausscheiden dürfte.16 Daß die
Zahl der Bollen früher nicht festgelegt war, ergibt sich unter anderem aus
der Angabe des damaligen Hornberger Pfarrers Ernst Lehmann, der in den
neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von „etwa 15 wollenen Pu-
scheln" spricht.17

Erik Thurnwald glaubt auch, daß die Wollrosen und deren Farben dem
kirchlichen Symbolkreis entstammen und schreibt: „Bekannt ist die Legende
, wonach das Blut des am Kreuze hängenden Heilands beim Herabfallen
auf die Erde sich in rote Rosen verwandelte, desgleichen verwandelten sich
der Legende nach die Tränen der Maria am Grabe Jesu in schwarze Rosen.
Die Vermutung liegt nahe, daß die christliche Rosensymbolik hier mit eine
Rolle gespielt hat, weil wir die hiesige Tracht sowohl mit roten wie mit
schwarzen Rosen beobachten können." Auch zu dieser Meinung melde ich
meine Zweifel an.

Daß der Gutacher Bollenhut mit so viel Mystik umgeben wurde, daran waren
auch die Hutmacherinnen nicht ganz unschuldig. Sie achteten darauf,
daß „ihr Gewerbe als eine Art Geheimlehre betrachtet und demgemäß immer
nur an ganz vereinzelte Personen weiter gelehrt" wurde.18 Meist gab es
im vorigen Jahrhundert nur zwei oder drei Hutmacherinnen im Bezirk Hornberg
. 1896 war eine in Kirnbach und drei in Gutach, von denen allerdings
nur eine ihren Beruf voll ausübte. Das Verhalten der Hutmacherinnen hatte
seine Ursache in einer Konkurrenzangst, die bei dem begrenzten Absatzgebiet
ihrer Produktion verständlich erscheint.19 Dies führte schließlich dazu,

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