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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 446
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daß einige Jahrzehnte lang überhaupt keine Bollenhüte mehr hergestellt wurden
. Der Beginn dieser Zeit wird auf das Jahr 1911 datiert.20 So genau ist
der Anlaß aber nicht mehr festzustellen, vielleicht ist er auch mehr Vorwand
als wirkliche Ursache gewesen. Der Malerpoet Eugen Falk-Breitenbach
mag als Zeuge gelten, wenn er schreibt:21 ,,Es war lange vor dem Ersten
Weltkrieg. Die Gutacher rüsteten zu einem großen Trachten- und Heimatfest
, das zu damaliger Zeit unter der Schirmherrschaft der Landesmutter,
Großherzogin Hilda von Baden, stand. (Gutach war zu jener Zeit ein Musenort
für Maler und Dichter). Alles war bis auf das kleinste gut vorbereitet;
viele hundert Trachtenträger und Trachtenträgerinnen aus allen Tälern des
Schwarzwaldes strömten dem Gutachtal zu. Die Großherzogin hatte ihren
Besuch angesagt und erschien mit ihrem Hofstaat. Als Festgeschenk wurde
ihr durch eine Frau der Gesellschaft ein extra schöner roter Bollenhut überreicht
, der besonders für diesen Zweck angefertigt wurde. Mit dieser Überreichung
hat das ,Drama' um den Gutacher Bollenhut begonnen. Die Ehre
der Herstellerin des Bollenhutes war auf das tiefste verletzt, weil sie nicht
würdig befunden worden war, der Landesherrin ihr Erzeugnis selbst zu
überreichen. Ab diesem Tage verschwor sie sich, nie mehr einen Bollenhut
anzufertigen oder zu verraten, wie man ihn herstellte; das gleiche tat auch
ihre Nichte, die allein um die Anfertigung wußte."

Folgt man Eugen Falk-Breitenbach, so wurden von da an bis 1951, also vierzig
Jahre lang, keine neuen Bollenhüte hergestellt. Ob dies zutrifft, sei mit
einem Fragezeichen versehen, denn der Trachtenforscher Karl Spieß merkt
an, daß um die fragliche Zeit vor dem Ersten Weltkrieg die Bollenhutmache-
rei vor dem Aussterben gestanden wäre, weil nur noch eine einzige Person
die Hüte hätte anfertigen können. Er schreibt: „Alle Bemühungen, sie dazu
zu bewegen, eine Schülerin in ihre Kunstfertigkeit einzuweihen, scheiterten
an der Furcht vor der drohenden Konkurrenz. Und das Schicksal der Bollenhüte
wäre besiegelt gewesen, wenn es nicht gelungen wäre, bei einer auswärtigen
Lehrmeisterin mehr Entgegenkommen zu finden."22

Konkurrenzangst und übergroße Empfindlichkeit der Monopolinhaberin
oder -Inhaberinnen hatten in jedem Fall zu immer neuen Schwierigkeiten
und damit zu einer Gefährdung der Tracht von einer Seite geführt, von der
man sie zuletzt erwartet hätte.

Pflege

Nach dem Zweiten Weltkrieg scheint nun wirklich niemand mehr in der Lage
gewesen zu sein, einen Gutacher Bollenhut herzustellen. Eugen Falk-
Breitenbach berichtet, wie ihn der badische Staatspräsident Leo Wohleb um
1951 nach einer Dichterlesung in Freiburg damit beauftragt habe, „jemanden
zu suchen, der sich wieder für die Herstellung des Bollenhutes interes-

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