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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 448
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0448
24 Seiten umfassende populär geschriebene Heftchen war von Hasemann
angeregt worden. Es fand ein lebhaftes Echo und mußte mehrfach neu aufgelegt
werden.

Hansjakob wollte damit einmal ,,ein Wort der Belehrung an alle jene deutschen
Bauersleute, die heute noch den alten Trachten treu sind" richten, zum
anderen „ein Wort der Mahnung und der Bitte, an alle, die dazu beitragen
können, daß unserem Volke diese seine Tracht lieb und werth gemacht
werde".

Auf einige wesentliche Punkte aus Hansjakobs Schrift möchte ich eingehen,
weil sie in der Trachtenpflege bis heute fortwirken, obwohl sie durch die
historische Entwicklung weitgehend widerlegt sind.

Für die Erhaltung der Volkstrachten sprechen nach Hansjakob fünf Gründe.
Zunächst läge deren Erhaltung im Interesse der Bauern selbst. Die Tracht
wäre Ausdruck eines bäuerlichen Standesgeistes, eines Stolzes, den der
Bauer anderen gegenüber auch zur Schau trüge. Hinzu kämen allerdings
auch wirtschaftliche Überlegungen. Hansjakob sieht einen ursächlichen Zusammenhang
zwischen dem Ablegen der Tracht und dem Sinken des Wohlstandes
, wobei er ganz sicher Ursache und Wirkung verwechselt.

Eine andere Begründung für das Beibehalten der Tracht findet Hansjakob in
der Religion. Die Beseitigung der Volkstrachten hätte auch auf das religiöse
Verhalten Einfluß gehabt. Viele hätten mit dem alten ,,Häs" auch den alten
Glauben ausgezogen.

Als drittes führt Hansjakob staatspolitische Gründe ins Feld. Für ihn sind
die Trachten „Vorwerke für den Bestand eines geordneten, erhaltenden (con-
servativen) Staatslebens". „Der neumodisch gekleidete Bauer ist revolutionären
Ideen weit geneigter als der alte Trachtenbauer." Wenn man aber weiß,
daß sich Trachten eben nur in wohlhabenden Bauerngegenden entwickelt haben
, was Hansjakob offenbar übersehen hat, dann liegt die Erklärung für das
Verhalten trachtenloser Bauern nicht in der Kleidung, sondern in ihrer
schlechten wirtschaftlichen Lage. „Solange der Bauer in seinem Sonderleben
erhalten bleibt", sieht Hansjakob nicht die Gefahr einer „socialen Revolution
". „Darum hat niemand ein größeres Interesse an der Erhaltung
unseres Bauernstandes in Religion, Sitte, Tracht und Sprache als der bestehende
Staat, die bestehende Gesellschaft." Mit dem Interesse des Staates ist
nach Hansjakob auch das gesellschaftliche verbunden. Aus dem Landvolk
regeneriere sich die ganze Gesellschaft in religiöser, geistiger und physischer
Hinsicht. „Wo soll aber die Nervenkraft und die Unverwüstlichkeit
des Bauernwesens hinkommen, wenn die Bauernfrauen und -mädchen einmal
allgemein Sonnenschirm und Corsets und die Burschen und Männer
Sommer-, Frühjahrsüberzieher und wollene Unterkleider, Cylinder und
Glacehandschuhe tragen?" fragt Hansjakob.

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