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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 452
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net, gerade die Jüngeren mit ihren ländlichen Verhältnissen unzufrieden zu
machen. So beklagt Nuzinger, daß die überall erwünschten Gutacher Mädchen
mit ihren roten Bollenhüten durch die ständige Bewunderung, der sie
ausgesetzt wären, recht eitel würden. Nuzinger weiß auch, daß zu den
Trachtenfesten keineswegs nur solche Leute kommen, die ständig Tracht tragen
, wie es von den Veranstaltern verlangt würde.

Insgesamt hält Nuzinger den moralischen Schaden, den solche Feste anrichten
, für erheblich größer als den möglichen Nutzen, den sie stiften könnten.
Was das Trachtentragen durch Kurgäste angeht, konnte Nuzinger beobachten
, daß dies eher karikierend und damit abstoßend auf die Bauern wirkte
als daß sie sich dadurch geehrt fühlten, wie Hansjakob meinte.

Obwohl Nuzingers Kritik an Hansjakob und an der Tätigkeit der Trachtenvereine
, die sich ja des Wohlwollens der landesfürstlichen Familie erfreuten,
keineswegs der herrschenden Meinung entsprach, fand auch er mannigfache
Zustimmung, die aber doch folgenlos blieb.

An die Öffentlichkeit traten die Trachtenvereine vor allem mit ihren Festen.
Beschränkten sich diese 1894 noch auf wenige Beispiele, so ist aus dem darauffolgenden
Jahr von einer wahren Festflut zu berichten, die danach aber
doch rasch wieder abflaute und sich auf ein erträgliches Maß einpendelte.

Das erste derartige Fest, das in manchem noch den Charakter eines lokalen
Künstlerfestes trug, fand am 20. August 1894 in Gutach statt. Veranstalter
war der vorhin genannte Trachtenverein für das Gutach- und Kinzigtal. Dabei
wurden unter Anleitung des in Gutach ansässigen Malers Wilhelm Hasemann
und der beiden Stuttgarter Künstler Fritz Reiß und Albert Käppis
..lebende Bilder aus dem Leben der Dorfbewohner von der Wiege bis zum
Grab'" gestellt. ,,An den Bildern beteiligten sich Männer und Frauen, Burschen
und Mädchen aus Gutach, aber auch Sommerfrischler, wie sich das
so fand," schrieb der Karlsruher Gewerbeschuldirektor Dr. Thomas Cathi-
au.27 Ganz so spontan und improvisiert, wie die Sache nachträglich dargestellt
wurde, konnte sie aber doch nicht abgelaufen sein, denn die Szenen
erforderten von den Mitwirkenden nicht nur Zeitaufwand, sondern auch teilweise
die Bereitschaft, sich von Fremden in ihren privaten Bereich hineinschauen
zu lassen. Auf Wunsch des Oberamtmanns Becker aus Wölfach
wurden die Szenen von dem Dozenten der Photographie an der Technischen
Hochschule Karlsruhe, Fritz Schmidt, aufgenommen, was bei dem damaligen
Stand der Technik den Beteiligten viel Geduld abforderte. Trotz ungünstigen
Wetters kamen viele Besucher von außerhalb. „Die Dorfleute" sollen
,,wegen Mißbrauchs ihrer Tracht" keineswegs verstimmt gewesen sein. Man
hätte auch nicht gehört. ,,daß sie sich alteriert hätten über die Einführung
einer so städtischen Neuerung in ihr stilles Dorf, wie dies lebende Bilder
sind mit photographischem und anderem Apparat. Auf diesen Photogra-

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