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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 456
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nen Trachten im Ort herumzukokettieren, wobei ein überlegenes, selbstgefälliges
Lächeln auf ihren Gesichtern spielt. Da wird dann der Bauer kar-
rikiert. Der Städter, der zum erstenmale oder überhaupt ,zum Scherze' eine
Tracht anzieht, fühlt sich dann — und in diesem Falle mit Recht — als Maske
und fängt an, Possen zu reißen und Luftsprünge zu machen. Und wenn
dann der Bauer sieht, auf welche Weise vor seinen eigenen Augen seine
altehrwürdige Tracht mißbraucht wird, dann soll er sich auch noch geehrt
fühlen...

Wenn diese Art von Kurgästen aber meint, die Bauern hätten kein Gefühl
für ein derartiges Benehmen ihnen gegenüber, so täuschen sie sich sehr.
Wenn fremde Herren oder fremde Damen, die mit dem Volksleben auf dem
Lande weder Fühlung haben noch Sinn und Verständnis dafür zeigen, in einheimischen
Trachten einherstolziert kommen, so erregt das beim Bauern im
günstigsten Fall ein spöttisches Lächeln, oft aber auch bitteren Unwillen und
wird als Beleidigung aufgefaßt und trägt gleichfalls zum Verschwinden der
Volkstrachten bei."

Es ist sicher richtig, daß die Maskeraden von Fremden, das häufige Modellstehen
vor Malern und Photographen, die zunehmenden Reisen zu auswärtigen
Trachtenfesten, die Vermarktung der Tracht eher zu ihrem Schaden als
zu ihrem Nutzen waren. Hierher gehören auch die gehäuften Bitten um die
Ausleihe von Trachten, die um die Fasnachtszeit in Gutach eingingen.

Hinzu kam die Verwertung der Tracht in allen möglichen kommerziellen Zusammenhängen
. So gab es schon in den neunziger Jahren Trachtenbilder
nicht nur auf den von Hasemann entworfenen ersten Künstlerpostkarten und
auf Briefbogen, sondern in Freiburger Schaufenstern fanden sich Puppen in
Gutacher Tracht oder Gutacher auf Kaffeetassen und andere Gebrauchsgegenstände
gemalt.37 Die Bollenhutmacherinnen verdienten sich durch die
Anfertigung von Puppenhüten damals auch schon etwas hinzu.38

Die Vermarktung der Gutacher Tracht hat also Tradition. Über ihre heutige
Verwendung in der Werbung braucht nicht viel gesagt zu werden. Die ist aus
allgemeiner Anschauung bekannt. Doch waren solche Nutzungen der Tracht
immer auch von Kritik begleitet.

In jüngster Zeit sind verstärkt Bestrebungen zu beobachten, die gegen den
jahrzehntelang hingenommenen ,.Mißbrauch" der Tracht Sturm laufen. Am
liebsten hätten die Bollenhutgemeinden eine Art,,patentrechtlichen Schutz"
gehabt. Bemühungen darum scheint es schon um 1950, dann 1976 gegeben
zu haben. Aber eine Anfrage im Landtag von Baden-Württemberg ergab,
daß dem Mißbrauch der Tracht ,,durch staatliche Maßnahmen nicht abgeholfen
werden" könne.39

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