Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 482
(PDF, 111 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0482
Ihnen gewährt die Herrschaft Abzugsfreiheit, wogegen die Böcklin von ihren
Juden 10 Gulden Abzugsgeld fordern.

In den wesentlichen Aussagen und Bestimmungen aber unterscheiden sich
die böcklinsche und die etwas ausführlicher und differenzierter formulierte
bischöflich-straßburgische Ordnung nicht. In ihrer Gesamtheit vermittelt die
böcklinsche Judenordnung einen humaneren und aufgeklärteren Eindruck.

Die Abschaffung der Sonderabgaben der Juden an die Herrschaft

Im Jahre 1828, genau 60 Jahre nach Erlaß dieser Judenordnung durch Franz
Friedrich Böcklin, hob eine Verordnung die Sonderabgaben der Juden in Baden
auf. Darin heißt es: „Diejenigen alten Abgaben, welche die Juden in
Folge ihrer Religionsgemeinschaft gegenwärtig noch entrichten müssen,
werden vom 1. Juli 1828 an aufgehoben."10 Die Standes- und Grundherrschaften
wurden aus der Staatskasse entschädigt, die Gemeinden jedoch
nicht, da durch dieses Gesetz die Juden an allen Gemeindelasten in gleichem
Maße wie die christlichen Bürger beteiligt wurden. Die Grundherren wollten
auf keinen Fall auf die ihnen seit Jahrhunderten zufließenden Gefälle verzichten
. So wurde es 1845, bis die letzte Abgabe endlich abgeschafft war.11
Um die Entschädigung zahlen zu können, mußte zuvor festgestellt werden,
welche Abgaben und Leistungen die jeweilige Orts- und Grundherrschaft bis
dahin bezogen hatte. Deshalb fragte 1829 das Directorium des Kinzigkreises
bei der Rüster Ortsherrschaft, den Böcklins, nach. Sie erkundigte sich aber
gleichzeitig auch bei dem Judenvorstand Schnerb, welche Abgaben die Rüster
Judenschaft bis dahin zu leisten hatte. Daraufhin sandte Schnerb am
9. November 1829 „ein Verzeichnis über die nach dem Gesetz vom 14. 5.
1828 zur Aufhebung geeigneten alten Abgaben, welche bisher an die Grundherrschaft
von Boecklin dahier von der hiesigen Israelitengemeinde entrichtet
wurde."12 Darin führte er folgende Abgaben auf:

Das Synagogengeld von 12 Gulden: es wurde an Weihnachten von der israelit. Gemeinde
erhoben.

Das Gansgeld von 9 Gulden; es war an Martini von allen Einwohnern zu entrichten. Ein jeder
mußte jährlich 30 Pfennig bezahlen.

Das Zungengeld von 12 Gulden: jeder Judenmetzger mußte ursprünglich beim Schlachten die
Zunge des geschlachteten Großviehs abgeben. Die Naturalabgabe wurde dann in eine Geldabgabe
umgewandelt, nach dem Durchschnitt von 1781—1790 zu 12 Pfennig pro Zunge.
Die Annahmetaxe oder Einkaufgebühr: diese war von Verlobten zu entrichten. Auswärtige
und hiesige Männer bezahlten 55 Gulden, fremde Frauen 27 Gulden 30 Pfennig; hiesige
Frauen bezahlten nichts. Diese Gebühr wurde bei der Aufnahme fällig.

Vor allem über die Höhe dieser Abgaben entbrannte zwischen der Ortsherrschaft
und den Juden ein heftiger Streit, da die Grundherrschaft, im Hinblick
auf die Höhe der zu erwartenden Entschädigung, natürlich eine
möglichst große Summe veranschlagte. Der Judenvorstand und die Böcklin

482


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1989/0482