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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 483
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beschuldigten sich beim Directorium gegenseitig, die Unwahrheit zu sagen.
Wegen der offensichtlichen Widersprüche forderte das Directorium beide
Seiten auf, Beweise in Form von Schutzbriefen oder Quittungen vorzulegen.
Um Klarheit über das Zungengeld zu erhalten, erging an das Bezirksamt der
Auftrag, durch handgelübliche Einvernahme der Judenmetzger die mutmaßliche
Zahl der in den Jahren von 1803 bis 1815 jährlich im Durchschnitt angefallenen
Zungen zusammenzustellen. Durch die Vernehmung sämtlicher
Metzger in Rust sollte der Geldwert einer Zunge in dem angeführten Jahrzehnt
ermittelt werden.13 Die durch diese Maßnahme festgestellte Summe
erschien der Grundherrschaft jedoch viel zu gering. Zur Klärung dieses verworrenen
Sachverhaltes wurden zusätzlich noch verschiedene Zeugen gehört
. Welche Abfindung letztlich bezahlt wurde, konnte aus den Akten nicht
schlüssig geklärt werden.

Bezüglich der Entschädigungsforderung für die Aufnahmegebühren schrieb
Friedrich von Böcklin am 5. März 1830 an das Bezirksamt Ettenheim,14
daß das Einkaufgeld von Christen wie Juden lediglich vom Gutdünken der
Grundherrschaft abhing. Das Einkaufgeld der Juden sei von jeher weit höher
gewesen als das der Christen, weil lediglich von der Höhe der Summe die
schutzbürgerliche Annahme abhing, gegen welche die Christen jedesmal vehement
Einspruch erhoben hätten. Er argumentierte weiter, daß das Einkaufsgeld
sowohl von am Ort geborenen wie auch von fremden Juden
erhoben wurde.

Immer wieder versuchte die Grundherrschaft in Eingaben und Stellungnahmen
, unter Anführung verschiedenster Gründe ihre Forderungen an den
Staat zu rechtfertigen. So heißt es in einem weiteren Schreiben desselben
Jahres: „Dieses beträchtliche Einkaufgeld möchte übrigens zu großem Nutzen
der — mit Armen zu sehr übersetzten Gemeinde Rust künftig manchen
Minderbemittelten von einem Annahmegesuch hierher abschrecken."15

Im Oktober desselben Jahres kam endlich Licht in die Angelegenheit. Das
Rentamt (Rechnungsamt) Rust fand die Lösung, indem dies eine Polizeiordnung
aus dem Jahre 1801 im grundherrlichen Archiv entdeckte, nach deren
§ 54 jeder Fremde der Grundherrschaft 88 Gulden zu erlegen hat. Zum
grundsätzlichen Streitpunkt führt das Rentamt aus: „Diese Urkunde macht
keine Unterschiede zwischen Bürgern oder Schutzbürgern, Christ oder Jud;
und da Letztere, wenn gleich im Ort gebohren sich dennoch den Schutz erst
erwerben mußten, und bis dahin als Fremde angesehen wurden, so glaubt
das Rentamt, daß der Ausmittlung der vorerwähnten Entschädigung diese
Polizey-Ordnung als einzige Urkunde zu Grund zu legen seyn möchte."16

Wenn auch etwas verspätet, so folgten doch die Behörden letztlich diesem
Rat, und die Regierung des Ober-Rhein-Kreises in Freiburg erließ am
18. Oktober 1833 einen Beschluß und zog damit einen Schlußstrich unter
diese Angelegenheit. Demnach wurde gegen Entschädigung die Zahlung von

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