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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 503
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Sprache

Sich in partnerschaftlichen Beziehungen miteinander entwickeln und entfalten
wollen bedingt zuallererst, daß man sich gut kennt, was dann wieder bedingt
, daß man sich versteht. Sich verstehen, das heißt nicht nur fähig zu
sein, Daten auszutauschen, sondern den anderen in seiner sozio-kulturellen
Eigenart voll zu erfassen. Denn Sprache ist mehr als nur ein Code. Sprache
ist Ausdruck von Gefühl, Sprache orientiert Denkschemen, Sprache setzt
auch das Nicht-Gesagte in Schwingungen um. Dieses Verständnis setzt allerdings
voraus, daß die Sprachmächtigkeit ständig gepflegt wird, daß der anderen
Sprache ein sozialer Status eingeräumt wird, der sie absichert.

Miteinander leben wollen, ohne sich zu verstehen, ist ein Aberwitz. Die europäische
Gemeinschaft kommt nur in der praktizierten Mehrsprachigkeit
zustande. Zu dieser Erkenntnis sind mittlerweile sogar unsere führenden politischen
Köpfe gelangt. Doch bleibt es bei der Beschwörungsformel, und
unter Mehrsprachigkeit versteht man besonders die grenzüberschreitende
Förderung der eigenen Sprache.

Jacques Delors sagte kürzlich: ,,Si tous les Francais se mettaient ä appren-
dre l'allemand, quel formidable acte d'amour ce serait!" („Wenn alle Franzosen
Deutsch lernen wollten, welch großartige Liebesbezeigung das
wäre!"). Hier hat ein Politiker verstanden, um was es gehen sollte: um ein
Europa mit Herz.

Es wäre allerdings zu viel von allen Franzosen verlangt, Deutsch zu lernen,
wie es zu viel von allen Deutschen verlangt wäre, Französisch zu lernen.
Daß dies aber von einem hohen Verantwortungsträger öffentlich gesagt wurde
, ist trotzdem ein gutes Omen.

Zwischenräume

Es gibt einen einfacheren Weg, die Völker ineinander zu verzahnen: Das wäre
die Schaffung von grenzüberschreitenden zweisprachigen Zwischenräumen
.

Man stellt immer wieder fest, daß die so oft gepriesene deutsch-französische
Freundschaft an einem sprachlichen Defizit leidet. Sollte aus dieser Freundschaft
mehr werden als nur medienwirksame Symbolik, müßte man wenigstens
in den grenznahen Zonen der Sprache des Nachbarstaates vor allen
anderen den Vorrang geben. Denn eine Partnerschaft kann nicht funktionieren
, wenn sie sprachlos bleibt. Es darf an dieser Stelle ein konkreter
Vorschlag gemacht werden: Man schaffe von Basel bis Thionville (Dieden-
hofen) eine 100 km tiefe Zone, in der die Sprache des Nachbarstaates einen
Status als privilegierte Sprache erhielte. Der Primat der jeweiligen Staats-

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