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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 517
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im Schlachtengreuel hart gewordenen Soldatenseelen dermaßen, daß Tränen
nun die Wangen der Feinde benetzten. Denn die Verleumdung der Deutschen
als ,Barbaren', wie man solche in französischen Blättern zu lesen bekommt
, hatte bei den fremden Besuchern unserer Totenstätte das Vorurteil
aufkommen lassen, sie würden ihre toten Kameraden in einer Friedhofecke
unter ungepflegtem Rasen finden. Sicher wirkt das Beispiel der Humanität
harmonischer als jenes der rächenden Vergeltung".

Diese Berichterstattung ist auch insofern bemerkenswert, als Adolf Gecks
Bruder Franz, der in Thonon-les-Bains (Savoyen) lebte, von den Franzosen
im Frühjahr doch recht schmählich behandelt worden war.

Unter dem Titel „Französische Noblesse und gallische Feigheit" schrieb Adolf Geck am
14. 3. 1915 über die Kriegserlebnisse zweier Offenburger. Eingangs bringt er ein lobenswertes
Beispiel humaner Gesinnung eines aktiven französischen Hauptmannes, des Grundherrn La-
pisse de la Motte, dessen Vater zur Generalität Frankreichs gehörte. Auf dessen Schloß Cer-
visy hatte die junge Offenburgerin Elisabeth B., die kein Französisch sprach, im Juli 1914 als
Kinderfräulein eine freundliche Aufnahme gefunden. Als der Schloßherr bei der Mobilmachung
einberufen wurde, versammelte er seine zahlreiche Diener- und Arbeiterschaft zum
Abschiednehmen und sprach dabei die Befürchtung aus, daß es wieder zu einem unseligen
Krieg mit Deutschland kommen könnte und warnte alle eindringlich davor, dem deutschen
Fräulein eine Kränkung zuzufügen; es sei dem Besitzer des Schlosses eine Ehrenpflicht, diese
Deutsche zu schützen. Tatsächlich blieb das Mädchen unbelästigt. auch als es mit der Familie
infolge der Kriegsereignisse einige Wochen in St. Brieux und Paris verbrachte, während
Zehntausende ausgewiesen wurden. Im Januar 1915 erhielt das Mädchen einen mehrmonatlichen
Urlaub, wobei die Hin- und Rückfahrt bezahlt und ihr der verabredete Lohn in Gold
ausbezahlt wurde. Der Schloßherr selbst geriet am 5. 10. in Gefangenschaft und befand sich
jetzt in Magdeburg, wo ihn sicherlich die Anerkennung Gecks erreichte und diese auch vorweisen
konnte: „Wir können diesem Ehrenmann die Hochachtung für seine edle Gesinnung
nicht versagen".

6. Die Ausweisung Franz Gecks aus Frankreich

Dann wandte sich Adolf Geck der weniger erfreulichen Behandlung seines
Bruders zu, der seinen Wohnsitz in Thonon hatte:

„Ein Offenburger ist dort über ein halbes Jahrhundert ansässig. Die Franzosen dieses Badeortes
achten und ehren den Deutschen, der durch den dauernden Aufenthalt im Welschlande
sein Heimatrecht in Offenburg verloren hat, wie einen einheimischen Savoyarden, obschon
er sich nicht naturalisieren ließ. Selbst der fanatische Chauvinismus im Jahre 1870/71 vermochte
nicht, den deutschen Handwerksmeister über die Grenze zu treiben. Dem Versuch
der Regierung leistete die Stadt erfolgreichen Widerstand. Der Deutsche blieb dort unbehelligt
. Aus unserer Zeitschrift, die jede Woche in Thonon eintraf, ist bekannt, wie der dort lebende
, bald 80 Jahre alte Herr aus Offenburg, der niemals Soldat gewesen, im vorigen Jahre
mit einem Dutzend französischer Veteranen von der Gemeinde gefeiert, auf dem Rathaus festlich
gespeist und dann im Triumphzuge durch die Stadt geleitet worden ist". Nach Kriegsausbruch
sei es keiner Behörde eingefallen, dem stillen Mann etwas in den Weg zu legen. Als
ein Bäckerkollege einberufen wurde, half er dessen Familie in der Bäckerei aus, wurde dann
aber plötzlich am 27. 2. 1915 ausgewiesen, von der Gendarmerie an die Schweizer Grenze und

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