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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
69. Jahresband.1989
Seite: 518
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von dort wiederum von Gendarmen nach Genf gebracht. Von Thonon durfte er nur die notwendigste
Kleidung mitnehmen, alle andere Habe wurde mit Beschlag belegt. Adolf Geck
kommentierte die Haltung der kriegführenden ..grande nation", die sich nun vor einem kleinen
, grauen Menschen fürchte:

„Sie stößt ihn aus, die angeblich für Menschenrechte kämpfende Republik, der nun keiner
Nation zugehört, und doch sein ganzes Dasein den Bürgern jenes demokratischen Landes
widmete. Aber eine andere Republik gewährte dem schmachvoll vertriebenen Greise ein
Asyl. Und gut, treue Offenburger empfingen den Exilierten mit offenen Armen. Ehre ihnen!
Möge dem Verbannten ein Trost werden aus dem schlimmeren Lose unseres Altoffenburgers
Karl Burger (.Drollenbeck'), der trotz seines langjährigen Aufenthaltes in Paris in das Konzentrationslager
zu Angers gesteckt wurde. Ein sechzigjähriger, von schwerem Augenleiden
befallener Mann als Gefahr für die Dreieinigkeit unserer Feinde! Eine Auslieferung ist abgelehnt
. Barbarei!"

Die humane Behandlung der Kriegsgefangenen wurde auch nicht durch den
schrecklichen Angriff französischer Flieger am Fronleichnamstag 1916 auf
Karlsruhe beeinträchtigt. An jenem hohen Feiertag wurden etwa 60 Bomben
abgeworfen, und zwar gerade in der Zeit, als der Zirkus Hagenbeck seine
Kasse öffnete. Bei diesem Fliegerangriff vom 22. Juni wurden 82 Kinder getötet
, 78 schwer verwundet und etwa 90 Erwachsene getötet oder verwundet!

Zwölf Franzosen, die in den städtischen Reben beschäftigt waren und denen
der Respizient Sonnenwirt Schimpf schon manches hatte privat zukommen
lassen, da es sich um fleißige und ordentliche Leute handelte, wurden von
diesem im städtischen Museum geführt. Sie bekundeten für die Sammlungen
viel Verständnis und reges Interesse. Der 86jährige Museumskustos erklärte
ihnen stundenlang die Objekte, unterstützt von Georg Monsch, dem Respi-
zienten des Museums.

Als am 14. Oktober deutsche Austauschgefangene aus Frankreich eintrafen,
schilderten sie in grellen Farben die schlechte Ernährung und rohe Behandlung
, die ihnen zuteil geworden war. Sogar bei der Abreise hätten französische
Frauen und Männer Steine nach ihrem Zug geworfen. Monsch blieb in
seiner Gesinnung unbeirrt: „Falls das alles zutrifft, wollen wir dennoch die
frz. Gefangenen human, kulturell und menschenwürdig behandeln".

Es war selbstverständlich, daß auch die russischen Soldaten würdig bestattet
wurden. Als man am 14. Juni 1917 ,,den ersten russischen Soldaten der neuen
Republik" begrub, der in Tiergarten gearbeitet hatte, legte Monsch auch
an seinem Grabe einen Kranz nieder, sprach passende Worte und schüttelte
den drei anwesenden russischen Gefangenen, welche im städtischen Gaswerk
beschäftigt waren, die Hände. „Inniges ,Danke schön' war die dankbare
deutsche Antwort."

Anfang September 1917 wurde außer einem französischen Soldaten auch eine ältere französische
Dame, Ernestine Cordier aus St. Quentin, bestattet. Sie war mit ihrem Mann und ihrer
Dienerin in einem Emigrantenzug in Offenburg angekommen und starb während des Aufenthaltes
an einem Herzschlag. Monsieur Cordier durfte mit einer Begleiterin zur Bestattung in
Offenburg bleiben: „Eine militärische Bewachung von zwei und drei Mannen, die im Gast-

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