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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 381
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nähme, Grimmelshausen habe vor der Drucklegung dieser ersten Schrift,
nämlich im Sommer oder schon im Frühjahr des Jahres 1666, eine Reise
nach Nürnberg unternommen. In jüngsten Jahren bekam diese Annahme
neues Gewicht dadurch, daß Günther Weydt den adligen Herrn Krafft von
Crailsheim (1631—1705), dem Grimmelshausens Abhandlung ,Ratio Status',
Nürnberg 1670, gewidmet ist, in das Interesse der Forschung rückte.10 Es
wurde zurecht die Frage aufgeworfen, wie und wo Grimmelshausen die Bekanntschaft
dieses Angehörigen einer weit verzweigten Familie der Freien
Reichsritterschaft im Fränkischen machen konnte, der zum Zeitpunkt der
Widmung Oberamtmann des Markgrafen Christian Ernst von Bayreuth in
Feuchtwangen war und zumeist auf Schloß Neuhaus bei Höchstadt an der
Aisch, zwischen Bamberg und Nürnberg, residierte.

Aus der Widmungszuschrift Grimmelshausens geht nur so viel hervor, daß
Herr von Crailsheim literarisch interessiert war und schon den ,Keuschen
Joseph' Grimmelshausens, 1667 erschienen, gelesen hatte:

,,Die Jenige aber / so indessen allerhandt Bücher lesen / halte ich / thun am allerweißlich-
sten. Weilen mir dann wohlbekannt / daß E. G. solche letztgemelte allerlöblichste Gewonheit
an sich haben / mich darneben auch / als ich dieser Tagen under des Samuel Greifnson vom
Hirschfeld [ein Anagramm von Grimmelshausens Namen, W.E.Sch.] hinderlassenen
Schafften gegenwertigen zweyköpffigen Ratio Status gefunden / noch wol erinnert / daß dieselbe
ehemalen dieses Autorn keuschen Joseph zu lesen und zu loben beliebt."11

Auch kannte Grimmelshausen Lebensgewohnheiten des Herrn von Crailsheim
, so dessen Neigung, leiblichen Genüssen zuzusprechen und dessen robusten
Magen:

„Als habe mich erkühnet / diesen seltzamen zweygestalltigen Kerl heraus zu geben / und
denselben E.G. zu Bezeugung deren zu Ihro tragenden Affection gehorsamlich verehren wollen
; Ist er gleich seiner geringen Grösse halber bey nahe einer Scartecken ähnlich / so ist
er doch verhoffentlich so beschaffen / daß er dem / der ihn liset und betrachtet / etwan ein
Stündlein / beydes zum Lust und zum Nutz vertreiben kan / es wäre dann Sach / daß einer
einen solchen vergifften oder verderbten Magen hätte / daß ihm alle Speisen bitter schmeckten
/ von welcher Kranckheit aber E.G. befreyet zu sein ich wol versichert bin ..."

Das alles setzt doch wohl eine persönliche Begegnung zwischen beiden,
womöglich über der Tafel, voraus. Als sich nun noch herausstellte, daß
Herr Krafft von Crailsheim schon 1658 eine adlige Dame aus der Ortenauer
Reichsritterschaf, Magdalena Sophia von Hüffel — ihr Vater Philipp Jakob
von Hüffel stand als Amtmann im Dienst der Gräfin Anna Magdalena von
Hanau-Lichtenberg — geheiratet hatte, wurde der Empfänger dieser heiteren
Widmung doppelt bedeutsam.12 Er muß mit den Landadligen der Orte-
nau, über die von Hüffel hinaus mit den verschwägerten von Schauenburg,
von Fleckenstein usw. bekannt gewesen sein. Andererseits lagen sein
Amtsbezirk und seine Familiengüter auf der geographischen Linie von Renchen
nach Nürnberg und zwar auf halber Strecke. Die Möglichkeit dämmerte
auf, daß Krafft von Crailsheim Grimmelshausens Verbindungsmann

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