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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 391
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selbst äußerte, bemühte er sich grenzenlos, „dieses schrecklichste alle Ereignisse
in seinen Ursachen und Folgen dichterisch zu bewältigen."6

Goethe verstand sich nicht als politischer Schriftsteller, sondern als Dichter.
Von diesem aber verlangte er, unpolitisch zu sein, denn: „Sowie ein Dichter
politisch wirken will, muß er sich einer Partei hingeben, und sowie er
das tut, ist er als Poet verloren."7 Goethe sah einen wesentlichen Unterschied
zwischen dem Dichter und Historiker. Zu Eckermann meinte er einmal
: „Und wozu wären denn die Poeten, wenn sie bloß die Geschichte eines
Historikers wiederholen wollten! Der Dichter muß weiter gehen und uns
womöglich etwas Höheres und Besseres geben."8 Aus diesen Bemerkungen
läßt sich folgern, daß Goethes dichterisches Werk einigen Aufschluß
über seine politische Haltung in sich birgt, wir diese aber zwischen den
Zeilen zu suchen haben.

Goethes poetische Schaffenskraft war durch den Ausbruch der Französischen
Revolution schwer erschüttert. Aus „Italien, dem formreichen" war
er kurz zuvor in das „gestaltlose Deutschland" zurückgekehrt, „heiteren
Himmel mit einem düsteren zu vertauschen."9 Er fühlte sich von seinen
Freunden entfremdet und unverstanden. Daher zog er sich auf das Studium
der Naturwissenschaften zurück und war verwundert, daß überhaupt noch
„ein Wölkchen Poesie" über seinem Scheitel schweben blieb.10 Zeitungen
empfand Goethe in jener Zeit als seine „gefährlichsten Feinde."11 Doch
verteidigt er seine Erschrockenheit über die Ereignisse in Frankreich und
seine Befürchtungen im Hinblick auf Deutschland:

Einem tätigen, produktiven Geiste, einem wahrhaft vaterländisch gesinnten
, und einheimische Literatur befördernden Manne wird man es
zugute halten, wenn ihn der Umsturz alles Vorhandenen schreckt, ohne
daß die mindeste Ahnung zu ihm spräche, was denn Besseres, ja
nur anderes daraus erfolgen solle. Man wird ihm beistimmen, wenn
es ihn verdrießt, daß dergleichen Influenzen sich nach Deutschland
erstrecken, und verrückte, ja unwürdige Personen das Heft ergreifen.12

Wiewohl Goethe weitreichende Veränderungen im gesellschaftlichen und
politischen Bereich in Frankreich für nötig hielt, fürchtete er sich vor einem
Übergreifen der Revolution auf das deutsche Nachbarland. Dies ist auch
aus einer Äußerung in den „Tag- und Jahresheften" für 1795 ersichtlich:

Ich aber, die greulichen unaufhaltsamen Folgen solcher gewalttätig
aufgelösten Zustände mit Augen schauend und zugleich ein ähnliches
Geheimtreiben im Vaterlande durch und durchblickend, hielt ein für
allemal am Bestehenden fest; an dessen Verbesserung, Belebung und
Richtung zum Sinnigen, Verständigen, ich mein Leben lang bewußt
und unbewußt gewirkt hatte,...13

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