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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 424
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Dabei kommt der Zentralstelle die Aufgabe zu, Vorermittlungen zu führen,
um Tatverdächtigen auf die Spur zu kommen. Ist dabei gerichtsrelevantes
Material zum Vorschein gekommen, werden die zuständigen Staatsanwaltschaften
mit der Anklageerhebung beauftragt. Auf diese Weise hat die Ludwigsburger
Behörde maßgeblich an der Vorbereitung großer Verfahren wie
etwa des Majdanek- und des Auschwitzprozesses mitgewirkt. In den ersten
dreißig Jahren ihres Bestehens wurden rund 5400 Verfahren an die zuständigen
Staatsanwaltschaften weitergeleitet, darunter viele Sammelfälle, die
dann in insgesamt 13000 Verfahren aufgelöst wurden. Verurteilt wurden auf
Grund dieser Vorermittlungen aber insgesamt nur rund 800 Personen.66

Der lasche Umgang der deutschen Justiz mit NS-Verbrechern war immer
wieder Anlaß für Kritik aus dem In- und Ausland, zuletzt bei einem internationalen
Symposion anläßlich des dreißigjährigen Bestehens der Zentralstelle
im September 1988, wo Historiker und Juristen aus den USA ebenso
wie aus Polen und der Tschechoslowakei unter anderem die restriktiven
deutschen Archivgesetze dafür verantwortlich machten, daß vielfach Mörder
ungeschoren davonkamen.67

Oder war auch der erste der obersten Ludwigsburger NS-Fahnder daran beteiligt
, Ermittlungen niederzuschlagen? Mitte der sechziger Jahre enthüllten
Journalisten aus der DDR, daß Oberstaatsanwalt Erwin Schüle, der erste
Leiter der Zentralstelle, selbst Mitglied der NSDAP und der SA gewesen
war. Da er die Vorwürfe nicht entkräften konnte, trat er 1966 von seinem
Amt zurück. Heute wird die Behörde von drei Oberstaatsanwälten geleitet,
amtierender Leiter ist Alfred Streim.68

Wenn man sich die Fülle der durchgeführten Ermittlungsverfahren vergegenwärtigt
, dann erhält man einen Begriff davon, welch umfangreiches
Material die Zeitgeschichtsforschung in Ludwigsburg erwartet. In den letzten
Jahren ist es noch weiter angewachsen. 1986 überließ die UNO-Kom-
mission für Massenverbrechen während des Zweiten Weltkriegs der Zentralstelle
Karteien mit den Namen von zehntausenden Verdächtigen und
Zeugen. Auch wenn die Zeit inzwischen für die Täter gearbeitet hat — drei
Viertel der Fälle mußten wegen Todesfall oder anderweitiger Prozesse zu
den Akten gelegt werden —, so kommt hier auf die Historiker eine neue
Überlieferung zu, die noch der Auswertung harrt.69

Berlin Document Center

In Berlin-Zehlendorf, Wasserkäfersteig 1, ist in einem Gebäude der Deutschen
Bundespost das BDC untergebracht. Bis 1945 war das Haus Eigentum
der Reichspost, hier hörte die Gestapo Fern- und Auslandsgespräche ab. Im
Document Center lagern in einem Kellergeschoß von 90 auf 45 Meter insge-

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