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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 312
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1740 geriet ein Schmiedegeselle am Tag, bevor seine Wanderschaft begann,
mit zwei Bürgersöhnen in einen ,,Schelthändel". Der Geselle verließ, ohne
die Sache bereinigt zu haben, das Dorf. Daraufhin verurteilte die Zunft seinen
Vater zu einem Gulden ,,Satisfaction" und sechs Schilling Kosten.68

Der Fall eines Bauhandwerkers — allerdings der einzige dieser Art — erscheint
besonders bemerkenswert: 1731 bestrafte die Zunft ein Mitglied mit
zwei Gulden ,,umb willen Er zu früh Beyschlaf gehalten".69

Das waren die Vergehen, die damals, gestützt auf Polizeiverordnungen, von
der Behörde verfolgt wurden.70 Die Zunft hatte also von der Regierung das
Recht auf einen Freiraum zugesprochen bekommen, innerhalb dessen sie
selbständig staatliche Aufgaben erfüllte. Die nachprüfbare Legitimation dafür
lieferten die Zunftordnungen: ,,Wenn einer freventlicher Weiß Sacra-
ment, Herrgott, Teufel, Ellerment oder dergleichen schwören würde, der
soll zwei Schilling in die Bix legen;" dieselbe Strafe war für ,,Überzechen"
ausgesetzt, also ,,daß er Speiß und Trank wieder von sich gegeben hatte".71
Schon eine Ordnung von 1631 nennt zusammenfassend den juristischen
Zweck der Jahrtage: ,,eine Umfrage zu halten, ob sich einer ungebührlich
aufgeführt habe und dann zu bestrafen.72

Natürlich galt diese Sondergerichtsbarkeit nur in Grenzen. Ein Schneidergeselle
habe, so die Anklage, einen Meister einen Hungerleider gescholten
und ihm vorgehalten, er verstehe nichts von seinem Handwerk und habe
nichts zu schaffen; aus dem Wortstreit entstand ein Händel, währenddessen
der Geselle den Meister blutig geschlagen habe. Diese Sache wurde von der
Zunft nicht verhandelt, sondern an das amtliche Frevelgericht weitergegeben
.73 Auch für die höchst drastisch formulierten Vorwürfe eines Zimmermanns
aus Appenweier gegen eine ganze Reihe auswärtiger Kollegen fühlte
sich das Zunftgericht nicht zuständig und sandte sie an das Oberamt.74

Demokratisch gewählte Organe, das Haushaltsrecht, eine eigene Gerichtsbarkeit
und den Jahrtag als Plattform für eine freie Diskussion der anstehenden
Probleme lassen die Zünfte als Gemeinschaften mit einem hohen Grad
von Selbstverwaltung erscheinen. Tatsächlich zog der Einfluß des Staates
enge Schranken. Die rechtlichen Grundlagen, die Zunftordnungen, wurden
nicht in einem Gründungsakt durch die Handwerksmeister geschaffen, sondern
von den Regierungen erlassen. Diese gewährte allerdings der Basis ein
gewisses Mitspracherecht, wenn es darum ging, einzelne Regeln auszuarbeiten75
, das erwies sich schon aus technischen Gründen als notwendig.
Aber die Initiative ging wohl von den Behörden aus.

Zwar gab, folgen wir den frühesten Statuten der Maurer, Steinhauer und
Zimmerleute, 1631 den Anstoß, daß sich die genannten Handwerker bei
der Regierung beklagt hätten, „Unordnung wider den Handwerksbrauch
schmälerten ihnen die Nahrung", weshalb der Landesfürst gnädig die Sat-

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