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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 510
(PDF, 143 MB)
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entschließt sich die Mutter dennoch, dem verlorenen Sohn" zu verzeihen
und ihm die Kleider zu besorgen. Am schwersten läßt sich der Vater umstimmen
. Er tadelt vor allem, daß der ungehorsame Sohn als Soldat zu den
,,Welschen" gegangen ist, die gegen das Vaterland kämpfen. Die Bäuerin
bittet bei ihrem Mann um Erbarmen für ihren schwer leidenden Sohn mit
dem Hinweis auf das „Evangelium vom Verlorenen Sohn". Das leidenschaftliche
Gespräch wird unterbrochen durch das Hinzukommen des Gutsherrn
und des Ortspfarrers. Als sie erfahren haben, worum es geht, suchen
sie zu vermitteln, und mahnen zur Versöhnung. Da lenkt der Vater endlich
ein und vergibt dem kranken Sohn. Mit einem festlichen Mahl, zu welchem
auch der Erzähler eingeladen wird, feiert man die Versöhnung. Die Geschichte
schließt mit einem Nachwort des Erzählers: Von dem grausigen
Schicksal der drei ehemaligen Soldaten in französischen Diensten tief betroffen
, hat er keine Lust mehr, als Soldat zu dienen, um die Welt kennenzulernen
.

Der Ablauf der Erzählung läßt erkennen, daß Grimmelshausen das Schicksal
des „Stolzen Melchers" dem religiösen „Gleichnis vom Verlorenen
Sohn" nachgestaltet hat. Er wollte damit ein leichteres Verständnis für seine
politischen Gedanken erreichen. Um seine Warnungen vor Frankreich und
den französischen Werbern die nötige abschreckende Wirkung zu geben,
läßt er die drei ehemaligen Söldner von ihren schrecklichen Erlebnissen in
französischen Diensten berichten.

Melcher hat als Söldner derart Schreckliches erlebt, daß seine Begeisterung
für das Militär rasch verflogen war. Einmal wurde er wegen eines geringen
Vergehens ins Gefängnis gesperrt bei halber Ration und schlechtem Trinkwasser
; aber man holte ihn immer wieder heraus, um zu schanzen und zu
kämpfen; dauernd wurde er mit dem Henkertod bedroht. Als er wieder vom
Kerker erlöst war, mußte er als Söldner kämpfen, oftmals Hunger leiden
und wurde von schlimmer Krankheit befallen. Nach allem, was er erlitten
hat, will er aber auch alle jungen Deutschen dringend warnen vor dem
Dienst im französischen Heer. Er möchte auch allen französischen Werbern
entgegentreten, welche die deutsche Jugend zum Söldnerdienst verlocken
wollen.

Der Savoyer gibt in seinem gebrochenen Deutsch seiner Empörung über die
schlechte Behandlung als Söldner lebhaften Ausdruck. Gleich zu Anfang
ruft er: (S. 32, 8) „Holl das Teuffei die Frantzos Krieg; hier (d. h. in
Deutschland) iß besser Landen vor die arm Bettelmann / als der Holland vor
das Frantzos prave Soldat". Seine weiteren Klagen, von den Kameraden ins
Deutsche übersetzt, weisen daraufhin, daß die deutschen Söldner stets gezwungen
werden, die schlimmsten Dienste zu übernehmen, d. h. dauernd
schanzen, immer in der vordersten Linie kämpfen. Gegen stärkste Befestigungen
müssen sie anrennen, wobei ihr Leben stets gering geachtet wird.

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