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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 620
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Werke (Dinters, M.B.) bis zu Ende zu lesen!" Im übrigen gehört „Das Tagebuch" zu
den Zeitschriften, die sich wiederholt mit Dinters Büchern beschäftigten — wenn auch
nicht immer ganz freiwillig. Dinter hatte nämlich gegen den Herausgeber Stefan Großmann
als Verantwortlichen der Zeitschrift einen Prozeß angestrengt, weil dieser einem
Dinter-Inserat (mit dem er einen Privatsekretär suchte) einen sarkastischen Kommentar
gewidmet hatte (Vgl. ..Das Tagebuch". 16. September und 23. Dezember 1922). Das Gericht
in Arnstadt verurteilte Großmann zur Zahlung von 20.000.— (Inflationsl-Mark):
die Urteilsbegründung indes kam eher einem Sieg Großmanns gleich. In ihr hieß es:
,,.. .mögen diese (die drei Romane Dinters, M. B.) nach Ansicht des Angeklagten und
selbst berufener Sachverständiger künstlerisch und wissenschaftlich nicht nur bedeutungslos
, sondern auch moralisch angreifbar sein, so berechtigt das niemanden .... den
Privatkläger offensichtlich (?) den ,Sünder wider den Geist' zu nennen" (,,Das Tagebuch
", 24. März 1923). — Bei den Beispielen kritischer Auseinandersetzung sei freilich
auch nicht Hans Reimanns gewitzte Parodie ,,Artur Sünder. .Die Dinte wider das Blut'"
(Hannover. 1922). vergessen, in deren .,39. wildgewordenen und vermasselten Auflage"
sich Reimann eng an die stilistischen Vorgaben Dinters hält. Hierbei zeigt sich allerdings
, daß eine parodistische Akzentuierung Dinters kaum noch möglich ist — ..Die
Sünde wider das Blut" ist gewissermaßen ihre eigene Parodie. Und obschon Dinter sich
für gesetzliche Maßnahmen gegen die Juden ausgesprochen hat. bleibt dem heutigen
Leser ob seiner ungewollten ideologischen Zuträgerdienste zur ,,Endlösung" bei Reimanns
Hermann Stänker, diesem Rassenalchimie treibenden Parzival aus dem Geiste
der Courths-Mahler, das Lachen im Halse stecken...

41 Manfred Schlösser (Hrsg.), Auf gespaltenem Pfad. Festschrift für Margarete Susman.
Darmstadt 1964, Seite 379.

42 Artur Dinter. ..Die Sünde wider das Blut", 230.-235. Tsd. 1927. Seite 339. An anderer
Stelle führt Dinter den ..heißen Dank" jener Leser an. die ,,durch mein Buch den Glauben
an Gott, die Unsterblichkeit der Seele und die Göttlichkeit des Heilandes wiedergefunden
und nun erst den letzten und tiefsten Sinn der christlichen Heilslehre erfaßt"
hätten. Und er gedenkt dabei auch jener ..Zuschriften voll Spott und Hohn" sowie jener
, „die mich für verrückt erklären... Noch zu allen Zeiten wurden Männer, die den
Menschen eine neue Wahrheit verkündeten, für irrsinnig gehalten, so Kopernikus und
Galilei, Luther und Giordano Bruno, ja sogar unser Heiland..."

43 Zitiert nach Akademie der Künste (Hrsg.). ,, .Das war ein Vorspiel nur...' Bücherverbrennung
Deutschland 1933. Voraussetzungen und Folgen". Berlin 1983. Seite 173.

44 .,Badische Biographien". Band 2, Seite 66.

45 Artur Dinter, „War Jesus Jude?", Leipzig 1934. Seite 31.

46 Paul Weyland, „Die Sünde wider den gesunden Menschenverstand. Eine Auseinandersetzung
mit Artur Dinter". Berlin: Privatdruck 1921. Seite 4.

47 Der „Deutsche Schutz- und Trutzbund", der nach dem Ersten Weltkrieg eine wahre Flut
völkisch-antisemitischer Pamphlete verbreitete, entstand 1919 aus dem Alldeutschen
Verband heraus und bildete den organisatorischen Kern des aktionistischcn Antisemitismus
in den Anfangsjahren der Weimarer Republik. Nach der Ermordung Rathenaus
1922 wurde er verboten. Daß Dinter hier am „rechten Ort" wirkte, zeigt z. B. der Geschäftsbericht
von 1920, wonach allein in diesem Jahr 7.6 Mio. Flugblätter. 4.7 Mio.
Handzettel und 7.8 Mio. Klebemarken antisemitischen Inhalts verteilt und verbreitet
wurden. Daß sich Dinters Bekanntheitsgrad auch auf die Mitgliederentwicklung des
„Schutz- und Trutzbundes" positiv ausgewirkt haben dürfte, ist wohl zu vermuten: Ende
1919 gehörten ihm 30.000 Mitglieder an, im Mai 1920 70.000 und 1921 150.000.
(Nach Ulrich Dunker, „Der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten 1919—1938. Geschichte
eines jüdischen Abwehrvereins". Düsseldorf 1977, Seite 45 und 251). — Auf das Treiben
dieser Organisation nimmt Dinter unmittelbar Bezug, wenn er in „Die Sünde wider
den Geist" von „Hunderttausenden" spricht, „die unablässig am Werke sind, das ahnungslose
deutsche Volk über seinen heimtückischen Feind aufzuklären, und die eher

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