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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 647
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Nach Kriegsbeginn hielt das Regime die Frauen denn auch zunächst aus
dem Arbeitsleben fern, um die latente Unzufriedenheit in der Bevölkerung
aus Angst vor einem zweiten November 1918 nicht unnötig zu schüren. Deshalb
erhielten Frauen, deren Männer zur Wehrmacht eingezogen worden
waren, relativ großzügig bemessene Unterhaltszahlungen, die nur unwesentlich
geringer waren als der Lohn, den sie zu erwarten hatten, wenn sie
eine Arbeit aufnahmen. Um den Eroberungskrieg dennoch führen zu können
, schöpfte die Geschäftsgruppe Arbeitseinsatz unter der Leitung von
Fritz Sauckel rücksichtslos das Arbeitskräftepotential der Überfallenen und
besiegten Länder aus. Zwangsarbeit für die Kriegsgefangenen der gegnerischen
Armeen und die Zivilisten der besetzten Staaten und langsame Vernichtung
durch Arbeit für alle diejenigen Insassen der Konzentrationslager,
die trotz der brutalen Haftbedingungen noch arbeitsfähig waren, waren bestimmende
Merkmale der deutschen Kriegswirtschaft.3

Mitte 1941 waren in Baden 20000 ausländische Zivilarbeiter gemeldet,
mehr als die Hälfte von ihnen Polen.4 Im November 1942 hatte sich ihre
Zahl auf 66000 erhöht.5 Jeder zehnte Arbeitsplatz in Baden war mit einem
ausländischen Zivilarbeiter besetzt. Rechnet man die etwa dreißigtausend
Kriegsgefangenen hinzu, so ging die Gesamtzahl der ausländischen Zwangsarbeiter
gegen 100000, das waren 16 bis 17 Prozent aller Beschäftigten in
der badischen Gesamtwirtschaft.6

In kurzer Zeit baute die Wehrmacht einen Apparat auf, der die Verteilung
von Kriegsgefangenen organisierte. In großen Sammellagern hinter der
Front wurden die Gefangenen interniert und in die Kriegsgefangenen-
Stammlager im Reich, im Wehrmachtsjargon Stalags genannt, transportiert.
Dort wiesen die regionalen Arbeitsämter sie einem Betrieb zu. In Baden
hatte die Wehrmacht zwei große Stammlager eingerichtet, das eine in Villingen
und das andere zunächst in Baden-Baden und von März 1942 an in Offenburg
. Von den 20000 bis 30000 Gefangenen, die in diesen Stalags
registriert waren, lebten nur rund 1000 im Lager selbst. Die meisten wurden
, nach Nationen getrennt, in kleinen Außenlagern für 10 bis 70 Mann
in der Nähe ihres Arbeitsplatzes einquartiert. Dem Stalag V C in Offenburg
, das die Einrichtungen des ehemaligen Landwehr-Übungslagers im Industriegebiet
„Am Holderstock" bezogen hatte, unterstanden rund 500
solcher Außenlager in Baden.7

Im Sommer 1940 hatte die Zahl der Kriegsgefangenen in der Ottenau einen
Umfang erreicht, daß sich die katholische Geistlichkeit über die Möglichkeiten
zu ihrer Seelsorge Gedanken machte. Deshalb veranstaltete das Erz-
bischöfliche Dekanat Offenburg am 5. August 1940 eine „Konferenz über
die Aufgaben der Kriegsgefangenenseelsorge". „Von den auf der Konferenz
vertretenen 22 Pfarreien berichteten alle, daß sie im Kirchspiel Kriegsgefangene
haben, teils Franzosen, teils Polen, teils beides", schrieb der Offenbur-

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