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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 658
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bis zum 15. September 1944 einsitzen sollte. Nachdem sie zwei Drittel ihrer
Strafe abgebüßt hatte, wurde ihr der Rest mit Wirkung vom 31. Januar 1944
auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt: zum einen wurde, der übliche
Grund für eine vorzeitige Entlassung, ihre Arbeitskraft zur Herbstbestellung
gebraucht; zum andern wurde der Tatsache Rechnung getragen,
daß Herr L. die Ehe fortsetzen wollte. Frau L. war im fünften Monat
schwanger.

Trotzdem hatte die Verurteilung für die Familie L. weitere schwerwiegende
Folgen: Die Landesbauernschaft Baden, die das Gut betrieb, kündigte ihnen
die Wohnung. Herr L. verlor seine Stelle als Gutsverwalter. Deshalb, und
wohl auch wegen des Geredes im Ort, zog die Familie in ein Dorf bei Freiburg
um.30

. . . unverantwortlich und gewissenlos. .."

Zwischen dem 7. und 13. März 1944 verhaftete die Gestapo zwölf Frauen
und einen Mann, alles Beschäftigte einer Stuhlfabrik in A., wegen unerlaubten
Umgangs mit Kriegsgefangenen. Die Firma, ein Betrieb mit etwa
100 Mitarbeitern, stellte kriegswichtige Güter her und hatte sich vom Arbeitsamt
im Januar 1943 15 Araber zuweisen lassen, die als Angehörige der
britischen Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten waren.31 Zwischen
den Arabern und den deutschen Arbeitern entstanden bald enge Kontakte
. Als Kriegsgefangene wurden sie vom Roten Kreuz betreut und
erhielten regelmäßig Pakete mit Lebensmitteln wie Konserven, Bohnenkaffee
und Schokolade, die sie sorglos an ihre deutschen Kollegen verteilten.
Der Gestapo-Beamte Treppke von der Außenstelle Baden-Baden schrieb in
seinem Schlußbericht, ,,... daß die vorstehend Festgenommenen die
Hauptbelastenden [!] von etwa insgesamt 100 Gefolgschaftsmitgliedern der
Fa. M. darstellen. Nach übereinstimmenden Aussagen aller Beschuldigten
haben sich im Lauf der Zeit bereits alle Gefolgschaftsmitglieder strafbar gemacht
durch die Annahme von Geschenken, seitens der Araber."

Nachdem die Gefangenen einige Monate im Betrieb gearbeitet hatten, waren
ihre Beziehungen zu einigen Arbeiterinnen enger geworden. Die Frauen
stiegen unbeobachtet einige Male in das Lager der Gefangenen ein und ließen
sich von ihnen bewirten. Maria M. aus O. stieg Anfang Februar mit drei
Freundinnen zum ersten Mal in das Lager der Kriegsgefangenen ein, wie
sie Kriminalsekretär Treppke im Gerichtsgefängnis Bühl 1944 zu Protokoll
gab: ,,Die Araber hatten einen Gitterstab angesägt und ausgebrochen.
Durch diese Öffnung sind wir eingestiegen. Wir setzten uns mit den Arabern
an einen Tisch, haben dort Kaffee getrunken und Büchsenwurst gegessen
. Anschließend ging jede der Anwesenden mit einem Araber ins Bett.
Dort haben wir geschlechtlich verkehrt." Mit teilweise anderen Frauen
kehrte sie am folgenden Samstag ins Lager zurück; dieses Mal habe sie allerdings
nicht mit einem der Araber geschlafen, da sie ihre Periode hatte.

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