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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 125
(PDF, 129 MB)
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Er trägt einen oder zwei Halsringe, Torques, am Geweih, am Hals oder hält
sie in den Händen. Auch mit Hirsch, Hund und Wolf inmitten von Tieren
sitzend wird er dargestellt, eine Schlange in der einen, einen Halsring in
der anderen Hand, einen zweiten um den Hals. Solche Bilder vermitteln
der Kessel von Gundstrup aus dem 2. oder 1. Jh. vor Chr. und der Pariser
Schiffer-Pfeiler aus dem 1. Jh. nach Chr. Ähnliches war der klassischen
Antike unbekannt, und die Entstehung solcher Vorstellungen von einer
Halb-Tier-Halb-Menschen-Gestalt kann gut als jungsteinzeitliche Jagdmagie
zur Vermehrung des Wildes gedeutet werden53.

Hirsche und Hirschgespanne gibt es als Felszeichnungen von Skandinavien
bis ins norditalienische Val Camonica (Brescia). Diese in den Ostalpen
gelten als Jagd- und Fruchtbarkeitszauber, sind wohl die frühesten und reichen
bis in die Eisenzeit. Das Hornsymbol bedeutet Kraft, die lebt, stirbt
und wiederentsteht im Rhythmus der Natur. Die Schlange ist das Tier der
Unterwelt, der Hirsch das Totentier, das als besonders heilig geschätzt
wurde. Ein weiteres archaisches Element ist der Schneidersitz, bei den
Kelten seit dem 3. vorchristlichen Jahrhundert nachzuweisen, der auf die
Induskultur zurückgeht. Geweih und Halsring wurden bei Berührung der
Donaukelten mit den Skythen übernommen. Die Verstärkung durch Verdoppelung
oder Verdreifachung der Attribute oder der Köpfe keltischer
Götter ist von den Slawen, den Griechen und aus Indien bekannt.

Zeitgenössische literarische Zeugnisse ließ die ausschließlich mündliche
Überlieferung der Druiden nicht zu. Dennoch hat sich in Irland, das keinerlei
römische Einflüsse erlebt hat, keltische Mythentradition erhalten, die
(mit Vorsicht) zur Deutung solcher Götterbilder herangezogen werden
kann. Nicht Eindeutigkeit und Klarheit, sondern Wandelbarkeit und Mehrdeutigkeit
sind diesen keltischen Mythen wie den Darstellungen eigentümlich
. Damit muß man sich abfinden. Eine Episode, die Geoffroy de Mont-
mouth (1154) schildert, scheint Cernunnos in die Nähe Merlins zu rücken,
des Beraters König Arthurs. Der Zauberer Merlin ist in Rom, heißt es dort.
Er tritt auf als wilder Waldmensch und als Hirsch mit Zehnendergeweih,
mit verdrehten Händen und Füßen, schwarzem langem Haar, wunderbar alt
und krumm, in Wolfsfelle gekleidet, mit Riesenohren an einem Riesenkopf
, so groß wie ein Kalbskopf, mit einer großen Keule, begleitet von einer
Herde Hirschen, Hindinnen, Damhirschen und Rotwild.

Merlin wird von den Römern durch die Straßen gejagt und findet Zuflucht
an Cäsars Hof. Nach einem Speiseopfer im Eichenwald deutet ihm der
Zauberer, Seher, Dichter und lachende Narr einen Traum und verabschiedet
sich. In hebräischen Buchstaben auf eine Tür geschrieben, hinterläßt er
eine Nachricht: Alle, die dies lesen, sollen wissen, daß der große geweih-

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