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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 233
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mer mehr zu einem festen Zirkel zusammenschweißte. Dieser in der Fachwelt
der Täuferforschung schon mit dem etablierten Terminus „Marpeck-
Kreis" bezeichnete Gruppe gebührt auch innerhalb des Täufertums
nochmal eine eindeutige Sonderstellung66. Die Umrisse des Kreises, seine
personale Zusammensetzung und seine spätere geographische Verbreitung
nach den Straßburger Anfängen wurden erst nach der Entdeckung und Bearbeitung
des Kunstbuchs (1955 bzw. 1956) deutlich. Seine eigentliche Bedeutung
erlangte der Kreis jedoch erst ab ca. 1540. Marpeck selbst hatte zu
diesem Zeitpunkt seine Zelte schon seit einigen Jahren in Straßburg abgebrochen
und weilte im schweizerischen Graubünden. Von dort aus unternahm
er allerdings eine Vielzahl von Reisen in dem Bestreben, die Einheit
unter den Täufern seiner Zeit herzustellen. Als Nukleus der von ihm in
späterer Zeit ins Leben gerufenen Gemeinden muß man jedoch auf alle
Fälle seine Straßburger Zeit ansehen. Seine ehemaligen Straßburger Gefährten
wurden teilweise zu Oberhäuptern der Marpeck-Gemeinden bestellt
, und er selbst schuf sich dort den Ruf eines beachtenswerten Wortführers
. Aus Straßburg wurde der berühmte Täuferführer nach langem
Hin- und Her und nach vielen Disputationen mit den Reformatoren, besonders
mit Bucer, dann schließlich am 12. Januar 1532 endgültig ausgewiesen
. Er gehörte damit zu den ersten Leidtragenden einer veränderten Religionspolitik67
. In und um Straßburg ließ Marpeck allerdings Gemeinden
zurück, für deren Aufbau er die dreieinhalb Jahre seines Aufenthaltes genutzt
hatte und die ihm zeit seines Lebens zugetan blieben. Die im Kunstbuch
überlieferten Briefe legen nun eindeutig Zeugnis davon ab, daß Sigmund
Bosch innerhalb dieser Gemeinschaften einen bedeutenden Rang
eingenommen hatte. Für Heinold Fast steht sogar fest: „ Der für Marpeck
wichtigste Mann der Straßburger Gruppe war wohl Sigmund Bosch."68
Unterstützung bekam Bosch bei seiner Arbeit von dem weithin bekannten
Leupold Scharnschlager69. Dieser wurde nach der Vertreibung Marpecks
dessen eigentlicher Nachfolger und trat als Wortführer der Gruppe in den
Verhandlungen mit der Obrigkeit hervor. Spätestens aber seit auch Scharn-
schlager im Jahr 1534 gezwungenermaßen seinem Freund Marpeck in die
Schweiz gefolgt war, wird man in Sigmund Bosch das geistige Oberhaupt
der Straßburger Marpeck-Gemeinden sehen müssen. So kann er sich in
voller Autorität 1548 berufen fühlen, im Namen der „eltisten sambt der
gmein zu Straßburg im Elses, im Kuntzgertal und im Lebertal" die Altesten
und die Gemeinden im mährischen Austerlitz zu grüßen70. Bosch, der
sich selbst als „allerr unwirdiger diener und mitgenoß am truebsal"11 bezeichnete
, verstand sich somit als Sprachrohr von Gemeinden marpeck-
scher Prägung, die in einem Gebiet verteilt waren, das immerhin vom
Schwarzwald (Kuntzgertal = Kinzigtal72) bis in die mittleren Vogesen (Lebertal73
) und hinauf nach Straßburg als oberen Schnittpunkt dieses großen
geographischen Dreiecks reichte. Dies zeigt seine damalige Schlüsselstel-

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