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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 241
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„Nun höret zu, ihr singer all die dsingschul hand besessen, all die sich hond vermessen
zu singen vmb ein gülden krön, ich wil euch all ermahnet hon, ihr wolt
mich recht verstöhn. "103

Wir dürfen wohl davon ausgehen, daß Boschs Lieder ihre Entstehung der
Mitgliedschaft ihres Autors in einer Singschule verdanken, in der er seine
Meistersingerlieder dem Publikum vorstellte. Dieser Zusatz zu Boschs
Biographie wird durch eine weitere Tatsache untermauert: Philipp Wackernagel
läßt uns wissen, daß er zwei der von ihm abgedruckten fünf Lieder
Boschs unter den Papieren Daniel Sudermanns gefunden hat104. Hinzukommen
zwei weitere Lieder, auf die Wackernagel nicht aufmerksam wurde
, und die sich ebenfalls in dieser Sammlung befinden105. Dieser Daniel
Sudermann (1550-ca. 1631)106 war ein Bewunderer des Spiritualisten Caspar
von Schwenckfeld. Er wohnte lange Zeit, von 1585 bis zu seinem Tod,
in Straßburg und war dort vor allem als Hauslehrer tätig. In diesen Jahrzehnten
widmete er sich verstärkt dem Sammeln und Aufbereiten fremder
religiöser Werke sowie auch einer reichen eigenen literarischen Tätigkeit.
Von besonderer Bedeutung war für ihn schließlich auch seine Beschäftigung
mit dem Typus des Meistergesangs. Sudermann sammelte fanatisch
die Lieder seiner Vorgänger und versuchte sich dann auch an eigenen Werken
. Monica Pieper meint, daß er evtl. selbst Mitglied in der Singschule einer
Meistersingergesellschaft gewesen ist. Wir wissen, daß eine solche seit
1492 in Straßburg existierte107. Daniel Sudermann hat vier Lieder Sigmund
Boschs zugesandt bekommen und seiner riesigen Sammlung mystischer,
spiritualistischer und generell religiöser Provenienz einverleibt. Wenn wir
davon ausgehen, daß Bosch den Großteil seines Lebens in und um Straßburg
verbracht hat, ist es nicht unwahrscheinlich, daß Sudermann während
seiner Studien auf die Texte seines Vorgängers (Vorbildes?) gestoßen ist
und diese für würdig befunden hat, weitervermittelt zu werden. Boschs eigener
Hinweis auf seine Präsenz in einer Singschule sowie Sudermanns Interesse
für seine Werke sind m. E. recht eindeutige Indizien dafür, daß wir
den Täuferpoeten Sigmund Bosch dem Umfeld der Meistersingergesellschaften
zurechnen dürfen. Seine Person ist in dieser Hinsicht ein weiterer
Beweis dafür, daß wir die Ursprünge des Täufertums nicht mehr nur in den
reformatorischen Bewegungen oder den Bauernunruhen sehen dürfen, sondern
genötigt sind, auch andere Felder und Erklärungsmöglichkeiten zu
bearbeiten, die durchaus keine geringere Relevanz besitzen.

Drei der Lieder Boschs haben Eingang gefunden in den sog. „Ausbund"
und somit in das älteste Gesangbuch der Täufer überhaupt! Diesen Umstand
kann man sicherlich als Beweis für seinen erheblichen Bekanntheits-
grad in Täuferkreisen werten. Den Grundstock dieses mehr als 800 Seiten
umfassenden Buches bildeten 51 Lieder, die von inhaftierten Schweizer

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