Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 243
(PDF, 129 MB)
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1. „Dise Regel soll oft und dickh gelesen werden": Bosch als Exeget

„Lieben b(ruede)r, ersuchent euch selbs, ob der trib des h(eilige)n geist (die sues-
sigkeit und forgschmackh des ewign lebens) noch recht inn euch gearteth und gesteh
sey. Wo aber jemants hinterlessig wer, dem bleuen die regl Christi umb die
orn."

Mit diesen eindringlichen und wahrlich nicht gerade zärtlichen Worten ermahnt
Sigmund Bosch die „gmeinden gotes" in seinem Sendschreiben
vom 4. Juli 1553116. Er will seine Zuhörer anspornen, mit Hilfe des Studiums
der Heiligen Texte den Anfeindungen „der weit" zu widerstehen. Die
Beschäftigung mit der Heiligen Schrift hat auch bei Bosch selbst einen hohen
Stellenwert eingenommen. Dies bezeugen die von ihm erhaltenen
Briefe und Liedtexte auf eindrückliche Weise. Es scheint, der Umgang mit
den Texten des Alten und Neuen Testaments wäre ihm sozusagen ins Blut
übergegangen. Bosch kann somit sicherlich in die große biblizistische Tradition
eingereiht werden, die für das Täufertum und hier vor allem für die
Richtung der Schweizer Brüder charakteristisch ist117. Die Einflußnahme
von Leuten wie Jakob Groß oder Michael Sattler als herausragende Vertreter
dieser Gruppierung wird sich auch bei dem Täufer aus Friesenheim bemerkbar
gemacht haben. Eventuell ist er in seiner Lahrer Zeit bei diesen
beiden oder zumindest bei einem von ihnen „in die Lehre gegangen". Man
muß jedoch an dieser Stelle auch darauf hinweisen, daß gerade die Leute
des Marpeck-Kreises eine wichtige Mittelstellung im Bezug auf das
Schriftverständnis eingenommen haben. Extreme Positionen wie der allzu
strenge Buchstabenglaube vieler Schweizer Brüder oder rein spiritualisti-
sche Ansätze wurden zugunsten ausgewogenerer Modelle zu bekämpfen
versucht118.

Sigmund Bosch selbst gehörte nun sicherlich zu denjenigen Täufern, die
exzessiven Gebrauch von der Heiligen Schrift gemacht haben. In allen seinen
Texten lehnt er sich eng an die Sprache der Bibel an. Vor allem wird
diese Vorgehensweise aber in seinen Briefen deutlich: Fast jeden Begriff
dort könnte man mit einer Stelle aus der Schrift belegen. In geballter Form
tauchen Bibelzitate auf. Aber auch seine Lieder sind durchgängig mit biblischen
Motiven durchzogen119. Bosch benutzte die Heilige Schrift jedoch
keinesfalls nur als Steinbruch für die Ausschmückung seiner persönlichen
Gedanken. Er bemühte sich vielmehr um eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung
und betrieb „täuferische Exegese". So ist z. B. sein Schreiben
vom 17. Juli 1548 an die mährischen Gemeinden eigentlich - und so
können wir es auch der Überschrift entnehmen - eine „meidung und ausle-
gung der red Christi von der letsten Zeit"120. Bosch deutet in dieser Epistel
die Aussagen Christi über die bevorstehende Endzeit, die wir in Mk 13,
14-20, Mt 24, 15-22 oder Lk 21, 20-24 finden können, auf seine Art - in-

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