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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 251
(PDF, 129 MB)
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Und weiter meint Sigmund Bosch:

„Die weit geht weit daneben/ihr glaub und Tauff ist gar verkehrt/ihr lehr und weg
ist menschen zwang/von Christo nit gelehrt"165

Die dualistisch ausgerichtete Gesinnung Boschs tritt noch aus vielen weitern
Textstellen hervor. Er war der Überzeugung, daß die wahre Kirche
Christi sich nur durch strengen Separatismus von den anderen Kirchen und
von der Gesellschaft rein erhalten könne. Damit unterschied sich seine
Denkweise nicht im mindesten von dem der meisten seiner Glaubensbrüder
'66. Schon in den konstitutiven „Schieitheimer Artikeln", dem ersten
wichtigen Glaubensbekenntnis der Täufer von 1527, war, wie wir wissen,
dieser Drang zum Sektierertum und das spätere Dasein als gesellschaftliche
Randgruppe durch eine Reihe von strikten Anweisungen vorprogrammiert
worden167.

Bosch hatte für seine Person die dort eingeforderte Trennung von der Welt
schon vollzogen. Für ihn war „derfleischlich ratt...dreckh und kott"]6*. Er
gehörte damit zu den „Fleischfreien", von denen auch Pilgram Marpeck
begeistert war169. Nicht von ungefähr konnte Jörg Maler schließlich auch
seine Sammlung der Schriften aus dem Marpeck-Kreis mit denselben Metaphern
einleiten:

„Das kunstbuch bin ich genant, den fleischlichgsynnten vnbekannt. "I70

Die Gruppe, deren Schriften wir in diesem Codex lesen können, vertrat genau
die gleiche separatistische Position wie ihr Mitbruder Sigmund Bosch.
„All ding verlassen"111 - dies hatten sie und er sich zur Grundregel gemacht
! Bosch konnte sich damit zwar rühmen, der sündhaften Jauchegrube
dieser Welt eine Absage erteilt zu haben und die eigentliche „erkantnus
der warheit"172 zu besitzen. Gleichzeitig aber drängte er damit sich, sein
eigenes Denken und den Großteil seiner Glaubensgemeinschaft an den
Rand der damaligen Gesellschaft, verurteilte sie bis auf wenige Ausnahmen
zur politischen Bedeutungslosigkeit. Somit war er zu nicht wenigen
Teilen selbst für den Umstand verantwortlich, daß er, Sigmund Bosch aus
Friesenheim, im Nebel der Geschichte der folgenden Jahrhunderte unterging
.

In der Gestalt des Täuferpoeten aus Friesenheim haben wir jedoch letztendlich
den Beweis vor uns, daß die religiöse Landschaft des Oberrhein-,
ja des Ortenaugebietes durchaus alternative Glaubensvorstellungen zu den
herkömmlichen Konfessionen beheimatet hat. Wenn diese Arbeit über einen
ihrer interessantesten Exponenten zur weiteren Erforschung der Geschichte
der Täufer in unserer Region motivieren würde, so hätte sie mit
Sicherheit einen ihrer wichtigsten Zwecke erfüllt.

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