Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 303
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1993/0303
In welchem Umfang diese Zielvorstellungen in der Praxis eingelöst wurden
, davon berichten zumindest ansatzweise die Protokolle der Schulvisitationen
. So war es nicht einfach, die Schulpflicht durchzusetzen. Von 54
schulpflichtigen Kindern in Nußbach kamen im Sommer 1776 19 „fleißig"
zur Schule, weitere 19 „dann und wann" und 16 „gar nicht". Als Begründung
wird angeführt: „Haben deren Eltern im Haus und auf dem Feld unter
die Arme greifen müssen"19. Kinderarbeit gehörte zur ländlichen Ökonomie
, die Schule hatte sich durch entsprechende Zeit- und Ferienregelungen
mit dieser Realität zu arrangieren.

Im Jahr 1797 wurde in Freiburg ein Schullehrerseminar gegründet. Vorher
erwarben die Lehrer ihre Kenntnisse wie die Handwerker: Sie gingen bei
einem „Schulmeister" in die Lehre. So hatte der Nußbacher Lehrer Josef
Becker, der dort seit 1773 die Stelle bekleidete, bei Johann Georg Heydek
in Burgheim sein Wissen erworben. Bei einer Begutachtung 1777 werden
ihm gute Fähigkeiten im Lesen und Buchstabieren attestiert. Er instruierte
in der Christenlehre „gut", in der Musik „ziemlich". Becker hatte immerhin
61 Knaben und 65 „Megdlein" zu unterrichten. Weniger angetan war man
von Beckers Wünschen nach Besoldungserhöhung. Er erhielt 200 Gulden
an Mesner- und Lehrerbesoldung, drei Klafter Holz von den Schulgemeinden
(Nußbach, Zusenhofen, Herztal), noch einmal 2 Klafter aus dem
genossenschaftlichen Hardtwald: Davon mußte er aber auch die Schulstube
heizen. Wegen des 10-Uhr Läutens sollte Becker jährlich 6 Gulden
erhalten. Herztal verweigerte jedoch seinen Anteil, da man das Läuten
nicht höre20. Die Bitte Beckers wurde „ad referendum" genommen, der
Visitator bemerkte, die Gemeinden seien arm: Die Schullasten ließen sich
nicht vermehren. Vielfach wurde die Ansicht vertreten, daß die Lehrer, die
überdies noch die Möglichkeit zum Zuerwerb hatten, im Vergleich zur
Gesamtbevölkerung nicht unterbezahlt waren21. Schuldienste wurden noch
zu Anfang des 19. Jahrhunderts häufig allein nach finanziellen
Erwägungen kostensparend vergeben - auch in der vorderösterreichischen
Ortenau:

Da und dort im Land sehen Gemeinden, die das Schulpatronat
selbst besitzen, die Schullehrer als Gemeindeknechte an, behalten
sie nach Belieben bei oder danken sie ab. Sie haben beinahe in jedem
Jahre andere Lehrer, und zwar nur solche, welche um den geringsten
Gehalt oder wie die Gemeinden es ansehen, um den geringsten
Lohn dienen (16. 9. 1802).

Angesichts dieser Lage behielt sich die vorderösterreichische Regierung
das Bestätigungsrecht vor - das „Pädagogendumping" sollte nicht auf Kosten
der Kinder gehen22.

303


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1993/0303