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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 321
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Neuerdings ist es . . . den Seminaren zum Vorwurf gemacht worden
, daß sie nicht nur zu Vielerlei lehrten, sondern überhaupt
ihren Zöglingen eine zu hohe, mit den Verhältnissen der Volksschule
und den Bedürfnissen des Volkes in Mißverhältnis stehende Bildung
gäben und diese dadurch zu Hochmut, Dünkel, Vornehmthue-
rei und zu dem Wahne verführten, als müßten sie den Unterricht
möglichst hoch hinaufschrauben. Deshalb wurde auch vorgeschlagen
, den Seminarunterricht zu beschränken, die Religion als
hauptsächlichstes Bildungsmittel hinzustellen, die Seminaristen
fühlen zu lassen, wie wenig sie doch eigentlich wüßten, und dadurch
, sowie durch Anhalten zu Handarbeiten, z- B. Graben und
Hacken, durch Exercirübungen zur Bescheidenheit und Demuth
zurückzuführen69.

Von diesem neuen Selbstbewußtsein ist wenig bei den Lehrern des
Renchtals zu spüren; sie ordneten sich klaglos den weltlichen und kirchlichen
Autoritäten unter, die tägliche Mühsal des Unterrichts und die Sorge
um eine große Familie ließ keinen Raum für politische Betätigung, der
Kirchturmhorizont des Dorfes provinzialisierte das Bewußtsein.

Und dennoch gab es in der Vormärzzeit auch im Renchtal einen Lehrer, der
die Behörden beschäftigte. Nach dem Tod des Lehrers Decker 1820 wurde
ein gewisser Unterlehrer Knapps neuer Lehrer in Ramsbach70. Knapps
stammte aus Achern. Als Schulkandidat wurde er 1816 aufgenommen und
unterrichtete in Waldulm und Michelbach als Schulgehilfe. In Oppenau
hatte er als Schulverwalter ein ganzes Jahr lang 300 Kinder unterrichtet.
Da der Dienst in Ramsbach nur 132 Gulden einbrachte und kein Mesneramt
mit dieser Stelle verbunden war, übernahm Knapps die Posten als Rat-
und Gerichtsschreiber in Oppenau, Ramsbach, Lierbach und Maisach.

Knapps fiel zum ersten Mal aus seiner Rolle, indem er sich „die unverschämtesten
Aufrechnungen zuungunsten der Gemeindekasse" erlaubte,
heute würde man vielleicht sagen: Er billigte sich eine ordentliche Bezahlung
seiner Tätigkeit zu. Für den Amtsrevisor war das Anlaß, den unbescheidenen
Lehrer mit 40 fl. Strafe zu belegen. Der Konflikt mit der Obrigkeit
war da. Die nächste Auseinandersetzung führte Knapps mit dem
Oppenauer Pfarrer Rapp. Im Kirchspiel Oppenau riß das Übel der „frühzeitigen
Unzucht" bei Jugendlichen ein. Der Oppenauer Pfarrer bestellte
die verdächtigen Kinder zu sich ein und fragte sie aus.

Da geschah etwas Unerhörtes. Der Lehrer Knapps schrieb einen deftigen
Beschwerdebrief an das Pfarramt und empörte sich „über das unpädagogische
Benehmen der Geistlichkeit".

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