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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 441
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heim II.; die Beurteilung seines „persönlichen Regimentes" in der Bülow-
Ära kehrt 1948 in dem Titel des berühmt gewordenen Buches von Erich
Eyck45 wieder.

Dieses aus den Memoiren gewonnene Bild von Hümmels Arbeit in Wahlkreis
, Partei und Landtag erhält nun noch schärfere Konturen mit Hilfe der
neu erworbenen Akten46: Neben Zeitungsausschnitten und Wahlplakaten,
welche die im Wahlkampf 1909 verwendeten Argumente und Strategien
erkennen lassen, enthalten sie vor allem die Korrespondenz des gerade
eben 1908/09 eingerichteten Parteibüros bzw. des neuen Parteisekretärs
und auch Hümmels selbst mit den demokratischen Vereinen des 26. Wahlkreises
, die vor Ort die politische Agitation organisierten. In diesem Briefwechsel
geht es zunächst um die Listen der in den einzelnen Gemeinden
wahlberechtigten Männer - Frauen hatten ja kein Stimmrecht, ebensowenig
wie aktive Soldaten oder Leute, die gerade in einem Konkursverfahren
steckten, mit ihrer Steuerzahlung im Rückstand waren, oder gar Armenunterstützung
erhielten47. Ein Muster einer solchen angeforderten handschriftlichen
Abschrift einer Wählerliste liegt bei, ohne daß gesagt ist, um
welche Gemeinde es sich handelt. Der Name des darin verzeichneten Bürgermeisters
, die Nennung des Vogtsbauernhofs und einiger Weiler wie
Sulzbach lassen aber auf Gutach schließen, wenn auch ein Vergleich mit
den statistischen Mitteilungen von 1909 und der dort genannten Zahl der
Wahlberechtigten in Gutach zeigt, daß die Liste unvollständig sein muß.
Auf alle Fälle ist sie unsystematisch und mehrfach ergänzt48. Sozialgeschichtlich
interessant sind die hinter den Namen vermerkten Berufe, die
eine Vorstellung von den Leuten geben, mit denen die Wahlkämpfer zu tun
hatten. Es sind Bauern, Handwerker, Bahn- und Postbedienstete, Taglöh-
ner, Fabrikarbeiter, Steinklopfer, Holzhauer, Fuhrleute, Händler, Kaufleute,
darunter drei Holzhändler, mehrere Gastwirte, aber natürlich auch der Dekan
, der Lehrer, Ratschreiber und Bürgermeister der Gemeinde. Die Sorgen
dieser überwiegend kleinen Leute also muß ein erfolgreicher Wahlkämpfer
ansprechen.

Doch zuvor fragt sich der heutige Leser dieser Korrespondenz, wieso der
Besitz der Wählerlisten für die Partei so wichtig war, daß der Parteisekretär
in den Rathäusern die Abschriften unermüdlich anmahnte und
auch die Arbeit der Abschreiber bezahlte. Den Grund verrät nicht nur ein
Blick ins Wahlgesetz49, sondern, noch genauer, ein Brief des Parteisekretärs
Otto Ernst Sutter vom 15. 10. 1909 an die örtlichen Wahlausschüsse
bzw. Vorsitzenden der demokratischen Vereine50. Offensichtlich
hatten die Parteien damals noch sehr viel mehr Anteil an der Organisation
des eigentlichen Wahlvorgangs als heute, denn sie waren es, die die
Stimmzettel druckten und jedem Wahlberechtigten ins Haus schickten. Im

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