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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 444
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Kriege sind festzuhalten: diejenige mit Fritz Haber, mit der er 1918 Briefe
gewechselt hat, die er im Wortlaut wiedergibt, und über Haber wohl auch
mit Carl Bosch, dem Freund und Vorbild seiner späteren Zeit, zwei Chemikern
also, die einen entscheidenden Beitrag zur Kriegswirtschaft wie zur
Rüstungspolitik im 1. Weltkrieg geleistet haben. Es scheint, daß Hummel
in ihnen Gesprächspartner gefunden hat, die, aus ihrem naturwissenschaftlichen
Denken heraus, die politische Lage besser zu beurteilen vermochten
als die Politiker oder gar die Militärs59.

Hermann Hummel erlebte die Revolution, nach überstandener Krankheit,
in Berlin und kehrte am 12. November nach Karlsruhe zurück, wo sich die
provisorische Regierung bereits gebildet hatte. In einer Allparteienregierung
stand, mit Hermann Dietrich, auch ein Außenminister, und mit dem
aus dem Arbeiter- und Soldatenrat hervorgegangenen Johann Brümmer,
USDP, war ein Kriegsminister bestellt worden, beides Reichsfunktionen,
die Baden in dieser Übergangszeit an sich gezogen hatte60. Mit Brümmer
band man einen revolutionären Linken an entscheidender Stelle in die Regierung
ein, gab ihm, dem wenig versierten und mit dem politischen Geschäft
nicht vertrauten Neuling, einen um so gewiefteren Stellvertreter,
dessen kämpferischer Natur und Durchsetzungsvermögen man vertraute:
Hermann Hummel. Seine Arbeit an der Seite Brümmers, in Wirklichkeit
dessen Entscheidungen bestimmend, beschreibt Hummel in seinen Memoiren
, zugleich aber auch in einem Rechenschaftsbericht, den das badische
Staatsministerium von ihm, den Sozialdemokraten Remmele, Geiss und
Marum und von Heinrich Köhler angefordert hatte61. Memoiren und Rechenschaftsbericht
weichen in einigen Dingen voneinander ab, was nicht
nur daher kommt, daß der Rechenschaftsbericht 1918, das Memoirenwerk
1936 geschrieben wurde, vielmehr auch deshalb, weil das eine offiziell,
das andere für den Privatgebrauch abgefaßt war. Doch zeigt gerade der
Vergleich beider Quellen, wie schwer sich unmittelbar danach die Lage beurteilen
ließ, die man 15 Jahre später besser durchschaute, zumal man nun
wußte, wie die Sache ausgegangen war. Zunächst jedenfalls war, im November
1918, ein seltsames politisches Kräftespiel entstanden, in dem man
nicht wußte, wer die Oberhand behalten würde. Die Arbeiter- und Soldatenräte
in ihrem revolutionären Elan improvisierten auf lokaler Ebene, also
in den Städten, in denen sie die Schlüsselpositionen besetzt hielten, eine
Ordnung, die auf eine totale Machtübernahme hinzielte62. Parlamentarier
und Beamten, die mit wenigen Ausnahmen in ihren ehemaligen Ämtern
blieben und die ihnen zugefallenen Kompetenzen mit Hilfe des bestehenden
Staatsapparates - einschließlich Polizei und Eisenbahn - weiterzuführen
versuchten, blickten zugleich verängstigt auf die Revolutionäre und
versuchten, sie mit den Minimalforderungen des gewohnten Verwaltungsstils
vertraut zu machen. Und als dritte Kraft bestand das Militär, die in

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