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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 487
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Die Stunde der SS

„Das Gesamtbild der wehrwirtschaftlichen Lage stand im letzten Vierteljahr
1944 unter den Auswirkungen der inzwischen erfolgten Frontnähe",
resümierte zu Sylvester 1944 das Rüstungskommando Freiburg33. Schwierigkeiten
hatten die Betriebe vor allem mit der stockenden Materialzulieferung
, die sich nur deshalb nicht fataler auswirkte, weil sie meist größere
Vorräte angelegt hatten, so daß empfindliche Produktionseinbrüche noch
ausblieben. Gravierender waren dagegen die Hindernisse für den Abtransport
der Halbfabrikate und Fertigwaren zu Abnehmern außerhalb des
Kommandobereichs, zumal die Transportzüge jederzeit von Jagdbombern
angegriffen und samt ihrer Fracht zerstört werden konnten34.

Unmittelbar nach dem Angriff vom 27. November hatten die Offenburger
Rüstungsbetriebe begonnen, ihre Produktionsanlagen abzubauen und zu
verpacken, um sie in Verstecken im Schwarzwald zu lagern. Die Wehrmacht
bewachte seit dem 30. August sämtliche Zwangsarbeiterlager und
ließ nur noch durch, wer einen Ausweis vorzeigen konnte35. Unter ihrer
Eskorte marschierten nun - wie bisher nur die Russen, Polen und Kriegsgefangenen
aller Nationen - morgens auch die Insassen des Westarbeiterlagers
in die Fabriken. „Dort mußten wir die Maschinen ausbauen und in Kisten
verpacken. Diese wurden mit LKWs abtransportiert"36. Die Arbeit
war lebensgefährlich: „Das geschah unter heftigem Granatfeuer der Franzosen
, die damals bereits am Rhein standen, und unter Beschuß durch
Kampfflugzeuge. Die Soldaten, die uns bewachten, hatten aus Eisenträgern
und Panzerplatten Unterstände gebaut. Wir mußten trotz allem weiterarbeiten
. In Deckung zu gehen, wenn das Granatfeuer in unsere Nähe kam, war
verboten. Wer es trotzdem tat, auf den wurde geschossen"37. Daß mit den
Maschinen auch die Arbeiter in Sicherheit gebracht werden sollten, erfuhren
die Ausländer erst in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 194438.
Unter Begleitung von Soldaten marschierten etwa 200 Westarbeiter und
600 Russen noch vor dem Morgengrauen zum Bahnhof und bestiegen einen
Zug, der sie in den Schwarzwald bringen sollte39.

Nach der teilweisen Räumung der rechtsrheinischen 20-Kilometerzone
reichten seit Ende 1944 die in Offenburg verbliebenen Ausländer, etwa
400 Ost-, 100 Westarbeiter und eine nicht mehr sehr große Zahl von
Kriegsgefangenen, zwar noch aus, um die nun stark gedrosselte Kriegswirtschaft
am Laufen zu halten, nicht jedoch zur Reparatur der Gleisanlagen
und Reichsbahneinrichtungen, dem akutesten Problem der Kriegswirtschaft40
.

Nachdem Unterkünfte für Ausländer knapp geworden waren, fand nun

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