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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 493
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lagern auf das Siebenfache an, ein Arbeitskräftepotential, das die SS überwiegend
als Arbeitssklaven an Rüstungsbetriebe vermietete und damit der
„Vernichtung durch Arbeit" zuführte59. Als durchschnittliche Überlebensfrist
billigten Hitlers Sklavenhändler ihren Opfern neun Monate zu - so
lange war ein Mensch in der Lage, unter den herrschenden Bedingungen
seine Arbeitskraft ausbeuten zu lassen. Im Zuge der Bemühungen, „die
letztmöglichen Kapazitäten für vordringliche Fertigungen freizumachen",
hatten sich die Rüstungsmanager im Frühjahr 1943 auf die Insassen von
Haftanstalten60 und Konzentrationslager besonnen, unter denen sich viele
Facharbeiter befanden61. Bislang bestehende Sicherheitsbedenken ordneten
sie pragmatisch den Belangen des Arbeitseinsatzes unter - oder wie das
Gauarbeitsamt Baden diese Praxis nannte: es wurde „der Strafvollzug den
heutigen Rüstungsbelangen angepaßt"62.

Das Gauarbeitsamt Baden begann im August 1943 mit der Erfassung von
Strafgefangenen, auch des Sicherungsverwahrungslagers Schirmeck-Vorbruck
im Elsaß, für den Arbeitseinsatz, der in dieser Phase „schwere Arbeiten
in den Betrieben" umfassen sollte63. Im Juli 1944 äußerte sich die
Rüstungsinspektion Oberrhein befriedigt über die bisherigen Maßnahmen
zum „verstärkten Einsatz von Strafgefangenen in vordringlichste
Rü [stungs]-Fertigung"64.

Damit begann die systematische „Vernichtung durch Arbeit" von Gefangenen
der SS in der badischen Rüstungswirtschaft65. Die Vorreiterrolle übernahmen
die Betriebe der Flugzeugindustrie, die KZ-Häftlinge zur Jahreswende
1943/44 bereits so zahlreich beschäftigten wie andere Rüstungsbereiche
Kriegsgefangene und russische Zivilarbeiter66. Mitte 1944 resümierte
die Rüstungsinspektion: „Die Aktion zum verstärkten Einsatz von Strafgefangenen
in vordringlichere Fertigungen nahm einen befriedigenden
Verlauf'67.

Die SS drängte sich immer mehr in die Rolle des über unerschöpfliche
Vorräte verfügenden Sklavenhändlers. Zu diesem Zweck ließ sie sich Häftlinge
eigens aus den Strafanstalten in die Konzentrationslager überstellen.
Durch das Freiburger Strafgefängnis gingen zwischen dem 7. Dezember
1944 und dem 19. April 1945 77 Transporte mit insgesamt 515 Strafgefangenen
, die zur Zwangsarbeit in Konzentrationslager „verschubt" wurden68.

Inzwischen hatten sich jedoch die Prioritäten des Häftlingseinsatzes längst
verschoben. Während Zwangsarbeiter der SS 1943 noch ganz oben auf der
Wunschliste der Rüstungsbetriebe standen, hatte der Luftkrieg in der zweiten
Jahreshälfte 1944 dafür gesorgt, daß sie nun in erster Linie „zur Behebung
von öffentlichen Notständen, insbesondere zur Wiederherstellung be-

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