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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 503
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Willi Lemke vor, ein ehemaliger Fremdenlegionär, dem zweiten Otto Alex,
von den Häftlingen auch „Großer Otto" genannt. Zu den Führern seiner
drei Hundertschaften gehörten Leo Knamm, ein Jude, der die überwiegend
aus jüdischen Häftlingen bestehende dritte Hundertschaft befehligte, und
Albert Rinkel, der auf den Spitznamen „Otto mit dem roten Schal" und -
zur Unterscheidung von Alex - „Kleiner Otto" hörte. Manche dieser
Kapos ließen sich an Brutalität nicht einmal von der SS übertreffen. An
den Lagerältesten Michels erinnerten sich seine Mithäftlinge später als
„grausame Bestie" und als „den Schlimmsten von allen." Otto Alex bezeichneten
mehrere Häftlinge als „Schwein"; er habe ständig einen Ochsenziemer
bei sich getragen und viele Häftlinge mißhandelt und geschlagen
.

Die Kapos führten die Häftlinge täglich auf das Reichsbahngelände, um
dort Blindgänger zu entschärfen und Aufräumarbeiten durchzuführen.
Außerdem arbeiteten einige Häftlinge in der Schlosserei des Reichsbahnausbesserungswerks
. Das Kommando hatte fast täglich Tote zu verzeichnen
, nicht immer infolge Erschöpfung, sondern oft durch Mißhandlungen
oder gezielte Tötung durch SS-Leute. Ein ehemaliger Häftling berichtet,
daß Gefangene, die nicht mehr arbeiten konnten, von SS-Bewachern an
der Arbeitsstelle niedergeschossen worden seien. Ein Häftling soll nach einem
Fluchtversuch bewußtlos geschlagen und an einen Pfahl gefesselt
worden sein, wo er nach zwei Tagen verstarb. Einen anderen erschoß ein
SS-Mann, weil er auf dem Marsch zur Arbeit die Kolonne verließ, um einen
Apfel aufzuheben125. Weitere Häftlinge sollen die Wachen „zur Abschreckung
erschossen oder aufgehängt" haben126.

Vom 26. März bis 12. April verloren insgesamt 23 Häftlinge auf diese Weise
ihr Leben: ein Russe, ein Ungar, ein Belgier, ein Holländer, drei Tschechen
und je acht Polen und Franzosen127. Um das Kommando wieder auf
seine Sollstärke zu bringen, überstellte das Konzentrationslager Natzweiler
im Elsaß am 6. April 1945 insgesamt 33 Häftlinge nach Offenburg128. Bis
zum 12. April hatte sich die Zahl der Todesopfer des Kommandos auf 35
erhöht129.

Das Massaker vom 12. April 1945

Am 12. April 1945, als die Einnahme des nur fünfzig Kilometer entfernten
Rastatt durch die französische Armee unmittelbar bevorstand, muß ein Befehl
zum Abmarsch den Kommandanten erreicht haben, der daraufhin
überstürzt den Abtransport der Häftlinge vorbereitete. Zuvor ließ er die
nicht marschfähigen, alten und kranken Häftlinge beseitigen. Morgens

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