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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 554
(PDF, 129 MB)
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ihre angekündigte Rache vollzogen hat, bleibt sie für immer spurlos verschwunden
.

VI Die Melusinen-Travestie in Grimmelshausens Springinsfeld-Roman

Wie ich bereits gezeigt habe, hört Springinsfeld in München von einem
Wirt die Geschichte einer gewissen Minolanda und eines Bäckenknechts
namens Jakob, wobei sowohl die Dame Minolanda als auch der Wirt auf
die Fabul der Melusinae und auf die Geschichte des Ritters von Staufenberg
verweisen.

Welche Quellen Grimmelshausen zur Verfügung standen, läßt sich leider
nicht genau feststellen. Was die Melusinensage angeht, so könnte er die
mhd. Prosafassung des Thüring von Ringoltingen aus dem Jahr 1456 oder
das Volksbuch, dessen erster Druck in das Jahr 1474 fällt, gekannt haben.
Die Geschichte des Ritters von Staufenberg dürfte er wohl kaum in einer
der wenigen erhaltenen Handschriften gelesen haben. Möglicherweise
kannte er den Straßburger Druck von 1483, wahrscheinlicher aber ist, daß
ihm die Erneuerung durch Jobin/Fischart/Schmid vorlag; dazu kommen sicher
noch die Schrift des Paracelsus und Kornmanns „Möns Veneris".
Außerdem war die Geschichte des Staufenbergers schon früh in Sagenform
volkstümlich geworden, wovon die zahlreichen Sagenfassungen zeugen,
die im 19. Jahrhundert aufgeschrieben wurden, und auf die ich noch zu
sprechen kommen werde. Zunächst aber möchte ich Ihnen kurz die Erzählung
des Münchener Wirts zusammenfassen, wie man sie im 26. Kapitel
von Grimmelshausens Springinsfeld-Roman nachlesen kann:

Der Bäckenknecht Jakob sieht, auf der Suche nach Vogelnestern, in einem Bach
eine Frau baden. Zunächst hält er sie für ein einfaches Bauernmädchen, als sie
dann aber prächtige Kleider und Schmuck anlegt, erkennt er in ihr eine vornehme
Dame und möchte sich heimlich entfernen. Da redet ihn die Dame an: „Höret, junger
Gesell, seid Ihr denn so grob und unhöflich, daß Ihr nicht zu einer Jungfrauen
gehen dörft?" Dann spricht sie nicht nur den Bäckenknecht mit seinem Namen an,
sondern nennt auch den ihren: „Ich aber bin Minolanda, der Melusinen Schwester
Tochter, die mich mit dem Ritter von Staufenberg erzeugt hat." Und weiter sagt
sie, daß ihre Mutter sie verflucht habe, bis zum Jüngsten Tag in diesem Wald zu
verbleiben, sofern er sie nicht zu seinem Eheweib nehme und dadurch von der
Verfluchung erlöse. Als Ehebedingung fordert sie von dem Bäckenknecht, daß er
sich der Tugend und Gottesfurcht befleißige, aller anderen Weibsbilder müßig gehe
und die Heurat ein ganzes Jahr lang verschwiegen halte. Dadurch würde sie
nicht nur von ihrem Fluch erlöst werden, sondern könne auch wie ein anderer
Mensch Kinder zeugen und seliglich aus dieser Welt abscheiden. Für den Fall, daß
er sich an diese Abmachung halte, verspricht sie ihm Reichtum und Glückseligkeit
, andernfalls würde sie sich schrecklich an ihm rächen. Daraufhin gibt ihr der

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