Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 639
(PDF, 129 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1993/0639
neben der Nachzeichnung der gesamten
Freiburger Rechtsentwicklung unter den
Zähringern - das Anliegen einer ungewöhnlich
umfang- und materialreichen
Dissertation, die die aus Schuttern stammende
Marita Blattmann jüngst im Druck
vorgelegt hat.

Die Auseinandersetzung mit mittelalterlichen
Texten rechtlichen Inhalts und einer
mehr als hundertjährigen, dichten Forschung
über sie, mit dem Ziel der Rekonstruktion
verlorener Urkunden des 12. und
13. Jahrhunderts, kann wahrlich keine
einfache Lektüre sein. Auch die von der
Autorin verwendeten Abkürzungen und
Siglen müssen erst verinnerlicht sein, bevor
ein Satz wie „B 4b entspricht T 1 (GP
1), B 4a T 3 (GP 4), B 7 enthält eine (im
Gehalt stärker an Fl 17/FÜ 1-2 orientierte
) Parallele zu T 4 (GP 6)..." (S. 60) entschlüsselt
und verstanden werden kann.
Damit ist die Schwierigkeit der Materie
aufgezeigt, die durch Vergleich verschiedenster
Texte der Freiburger Stadtrechtsfamilie
auf die Anfänge im 12. Jahrhundert
zurück- und verschollene Originale
erschließen möchte. Ein Instrument dafür
ist der Vergleich der Wortwahl, denn:
„Worte können eine Zeitstufe markieren"
(S. 34), die dann auch in Tabellenform zusammengestellt
sind, z. B. die lateinischen
Termini für Siedlungen, ihre Bewohner
oder städtische Amtsträger (S. 448ff.).
Daneben tritt die Interpretation der Texte,
wenn auch nur begrenzt, denn „es geht
hier lediglich um die Textrekonstruktion"
(S. 35), darum, „die nötigen Texte bereitzustellen
" (S. 4).

Dieser Aufgabe unterzieht sich die Verfasserin
mit einer gründlichen Ausführlichkeit
, die hier im einzelnen nicht nachvollzogen
werden kann. Die Bandbreite
der herangezogenen und ausgewerteten
Quellen mögen die Orte markieren, aus
denen sie jeweils stammen: Freiburg
i. Br.. Bremgarten, Kloster Tennenbach,
Bern, Diessenhofen, Flumet, Freiburg
i. Ue., Kenzingen, Murten, Breisach und
Colmar. In ihnen hat sich das Freiburger

Stadtrecht niedergeschlagen, über zahlreiche
Stufen und Zwischenstufen, und aus
ihnen sind letztlich die „Rechtsurkunden
und schriftlichen Rechtssammlungen in
Freiburg im Breisgau im 12. und 13. Jahrhundert
" zu rekonstruieren und in zeitlicher
Reihenfolge zusammenzustellen
(vgl. S. 705 ff.).

Ein zentrales Ergebnis: „Die Freiburger
Gründungsurkunde von 1120 ist kein
Phantom" (S. 325), man kann „die Die-
stelkamp'sche Frage guten Gewissens mit
ja' beantworten (S. 332); den rekonstruierten
Text kann die Verfasserin abdrucken
(S. 531 ff.) und ausführliche Anmerkungen
, auch inhaltlicher Art, zu ihm
machen (S. 325 ff.). Außerdem: Bei den
Freiburger Rechtsaufzeichnungen zur
Zähringerzeit handelt es sich um einen
kontinuierlichen schriftlichen Prozeß, der
von einem „Freiburger Rechtskreis des
12. und 13. Jahrhunderts" sprechen läßt
(S. 323), einem großen Einflußgebiet, das
erstmals im Deutschen Reich „mit einheitlichen
Rechtsnormen ausgestattet
wird" (S. 413). Das frühe Aussterben der
Zähringer hat Freiburg die Chance,
„Rechtshauptstadt" (ebd.) eines beginnenden
Landesfürstentums zu werden, dann
vereitelt.

Was die Verfasserin zum Umgang mit der
Schrift und den Texten in damaliger Zeit
beobachtet (S. 384 ff.), verdient ebenfalls
hervorgehoben zu werden: Die Eigendynamik
, die einmal aufgestellte Texte gewannen
und durch Erweiterungen und Ergänzungen
zu kompliziertem Flick werk
wurden; daß neben dem Geschriebenen
auch das Ungeschriebene Gewicht hatte,
als Gewohnheitsrecht, das der Wirklichkeit
sogar näher stand; die (Verformbarkeit
der Texte aufgrund gegenwärtiger Interessen
und Sichtweisen, die einen pragmatischen
Umgang mit ihnen signalisieren
, der heutigen Interpreten nicht immer
deutlich ist. So kann aus dieser Arbeit
auch viel über den Umgang mit rechtsgeschichtlichen
Quellen gelernt werden,
wofür auch die umfangreichen Tabellen

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