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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 645
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1895 zum Chemiestudium an die Universität
Lausanne über. Wenige Jahre darauf
promovierte er zum Doktor der Naturwissenschaften
. Sehr schnell wurde er zu einem
weithin bekannten und gesuchten
Spezialisten, der die Erkenntnisse auf den
Gebieten der Chemie, Photographie und
Röntgenologie in den Dienst der Verbrechensbekämpfung
stellte. Weitere Studien
folgten, so auch in Paris. 1906 wurde
Reiß zum Professor an die Universität
Lausanne berufen. Er konnte sogar ein eigenes
Institut zur Vertiefung seiner wissenschaftlichen
Methoden zur polizeilichen
Spurenerkennung und -Sicherung
einrichten. In zahlreichen Vorträgen und
Kursen bei den höchsten Polizeibeamten
in vielen Ländern, gab er sein revolutionierendes
Wissen weiter. Verhältnismäßig
früh löste sich der angehende Wissenschaftler
aus der preußisch-nationalen
Tradition der Familie, aus deren Reihen
sich vier Berufsoffiziere rekrutierten (ein
Bruder verlor als Kapitän zur See bei der
Skagerrak-Schlacht sein Leben, ein anderer
fiel beim Herero-Aufstand im damaligen
Deutsch-Südwest-Afrika). Nur sein
Bruder Wilhelm widmete sich der Forstlaufbahn
. Seine weltanschauliche Einstellung
lockerte die Familienbande sehr. Ja,
nach und nach drängte sich Rudolf in die
Rolle des „schwarzen Schafes" der Familie
Reiß. Zum endgültigen Bruch dürfte es
gekommen sein, als der ganz aus der Reihe
tanzende Sohn und Bruder 1901 die
schweizerische Staatsbürgerschaft annahm
. Vor einiger Zeit erschien nun in der
Schweiz in französischer Sprache das
Buch „Rodolphe Archibald Reiss - crimi-
naliste et moraliste de la Grande Guerre"
(R. A. R. - Kriminalist und Moralist des
Großen Krieges). Als Verfasser zeichnet
der Prof. Dr. Zdenko Levental, Mediziner
und Autor vieler fachwissenschaftlicher
Werke. Er lebt als eremitierter Professor
in Bern und hat sich sehr eingehend mit
dem Leben und Wirken von Rudolf Reiß
befaßt. Zunächst erfahren wir so manches
Neues über die Herkunft der Familie Reiß

und deren Leben auf dem Hechtsberg, besonders
natürlich über den Werdegang des
„Außenseiters" Rudolf. Der Hauptteil des
Buches widmet sich aber dem „zweiten
Leben" des berühmten und gefeierten Kriminalogen
. Dies begann, als Reiß bald
nach Beginn des Ersten Weltkrieges auf
den Balkan eilte, um sich über die von
den Truppen der Donaumonarchie angeblich
verübten Kriegsgreuel selbst zu überzeugen
. Schnell wurde er zum Freund der
um ihre Existenz verbissen kämpfenden
Serben. 1914 und 1915 weilte er bei der
serbischen Armee und versuchte als
Kriegsberichterstatter durch seine Abhandlungen
und Dokumentationen die
Welt für die Sache der Serben zu gewinnen
. So wurde aus dem an sich zunächst
neutralen Gutachter sehr schnell ein
glühender Verehrer des serbischen Volkes.
Als die Alliierten 1916 erneut von Griechenland
aus angriffen, stand Reiß wieder
zur Stelle und verfaßte seine Berichte.
Nach Kriegsende brach Reiß die Brücken
zur Schweiz ab, verzichtete auf seine
guten Stellungen, um nun in seinem dritten
Vaterland, im Vielvölkerstaat der
Serben, Kroaten und Slowenen zu leben.
Doch seine politisch-idealen Vorstellungen
vor der von ihm erhofften Entwicklungen
auf dem Balkan wurden enttäuscht
. In dem Brief „Hört ihr Serben"
drückte er seine Niedergeschlagenheit
aus. Als Prof. Reiß schon mit 54 Jahren
am 8. August 1929 in Belgrad an einer
Gehirnblutung starb, wurde er mit großen
Ehren beigesetzt. Die Serben hatten einen
großen Freund verloren. Uns aber scheinen
die bahnbrechenden Verdienste des
„Kommissars im weißen Mantel" noch
höher und näher zu stehen. Kurt Klein

Volker Press (Hrsg.), Südwestdeutsche
Bischofsresidenzen außerhalb der Kathedralstädte
. W. Kohlhammer Verlag,
Stuttgart 1992. 132 Seiten. Kartoniert,
19,50 DM

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