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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
73. Jahresband.1993
Seite: 647
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in einen größeren Zusammenhang stellt.
Die zahlreichen Quellenangaben - als
Marginalien oder am Ende der jeweiligen
Kapitel - zeugen von der immensen Arbeit
, die der Autor bei seinen gründlichen
Recherchen, an denen sich auch Bewohner
Renchens beteiligten, leistete. Man
ahnt nur, welche Mengen von Dokumenten
auszuwerten waren, wenn er im Vorwort
die aufgesuchten Archive nennt, und
man staunt über die Fülle der herangezogenen
Sekundärliteratur, welche die dreiseitige
Bibliographie auflistet.
Die 11 Kapitel des sinnvoll gegliederten
Textteils bieten in zeitlicher Abfolge ein
lebendiges Panorama der wechselhaften
Entwicklung Renchens und der heute eingemeindeten
Dörfer Ulm und Erlach. Dr.
Pillin untersucht eingangs Siedlungsspuren
der Steinzeit und Römerzeit und befaßt
sich dann mit dem fränkischen Ursprung
„Reinicheims". Mit dessen Schenkung
an die Bischöfe von Straßburg im
Jahre 1070 begann deren Herrschaft, die
sich wie ein Leitmotiv bis zum Reichsdeputationshauptschluß
1803 verfolgen läßt.
Zwar brachte ihre gewinnsüchtige „Pfandschaftspolitik
" in späteren Jahrhunderten
es mit sich, daß die Renchener sich an
mancherlei Obrigkeit gewöhnen mußten
(darunter der Markgraf von Baden, Grafen
von Schauenburg oder Herzöge von
Württemberg), doch griff der „Hohe
Chor" von Straßburg immer wieder auf
die ertragreichen rechtsrheinischen Besitzungen
zurück. Er war auch als weltlicher
Souverän lange Zeit im eigenen Schloß in
Renchen präsent. Im weiteren weist der
Verfasser erstmals nach, daß die Verleihung
der Stadtrechte an Renchen nach
„Offenburger Recht" gleichzeitig mit derjenigen
an Oberkirch im Jahre 1326 erfolgte
. (Besonders instruktiv: das Nebeneinander
der rekonstruierten Verleihungsurkunden
im Deutsch des 14. und 16.
Jahrhunderts). Breiten Raum nehmen -
wie oft bei Dr. Pillin - wirtschafts- und
sozialgeschichtliche Aspekte ein, so in einem
aufschlußreichen Abschnitt über

Land- und Forstwirtschaft, Gewerbe,
Märkte und Gesundheitswesen. Der Hanfanbau
, die Bedeutung der Zünfte und der
Blick in das „Malazhus" (Gutleuthaus)
sind nur einige Beispiele, mit denen der
Alltag des „kleinen Mannes" illustriert
wird. Nach Darstellung der Wirren des
Bauernkriegs von 1525, dessen Ursachen
reflektiert werden, und nach Würdigung
des „Renchener Vertrags", der den Aufrührern
wesentliche Erleichterungen bescherte
, werden Verfassungsorgane des
Gemeinwesens und seine Verwaltung unter
bischöflicher Oberaufsicht in den Mittelpunkt
gestellt. Hierbei erfährt der Leser
viel Interessantes über kommunale Beamte
und Bürgervertreter vergangener Zeiten
, und er wird amüsiert die überzogenen
Verhaltensmaßregeln für das Leben der
Untertanen zur Kenntnis nehmen. Daß das
strenge Regiment nicht immer nur devot
hingenommen wurde, beweisen die wiederholten
„Gravamina" (Beschwerden),
zu denen die Renchener den Mut fanden.
Der Dreißigjährige Krieg bedeutete für
die oft leidgeprüfte Stadt und ihr Umland
den völligen Ruin, wie zeitgenössischen
Aufzeichnungen zu entnehmen ist. Erschreckend
auch die geistige Verödung jener
Epoche, die sich am Hexenwahn
zeigt, der für Renchen und Umgebung
durch erschütternde - im Buch teilweise
wörtlich vorgebrachte - Prozeßakten belegt
ist. Ein literarhistorischer Exkurs des
Verfassers verdient Aufmerksamkeit. Das
Kapitel, welches er dem bislang berühmtesten
Bürger Renchens, Hans Jakob Christoffel
von Grimmelshausen, widmete,
darf man als bestens gelungen betrachten.
Mit sicherem Strich zeichnet er Leben
und Schaffen des großen Erzählers und
verantwortungsbewußten Schultheißen
nach, wobei er sich bemüht, neueste Forschungserkenntnisse
mit zu verarbeiten,
so etwa die These, das Gestaltungsprinzip
des „Simplizissimus" sei auch wesentlich
von astrologischen Vorstellungen bestimmt
. Genealogische Anmerkungen
über die Nachkommen Grimmelshausens

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