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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 146
(PDF, 147 MB)
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arbeitet, die Wandungsstärke liegt - auch im Bereich der ausgezogenen
Schnauze - durchschnittlich bei 2 bis 3,5 mm. Die angesetzten Teile wie
Ohren und Beine sind massiv ausgeführt. An der Brust des Tieres sind die
Spuren einer Heftnarbe (Durchmesser 8-9 mm) sichtbar. Dieses herstellungstechnische
Detail läßt erkennen, daß der Glasbläser das Gefäß zur
Gestaltung der rückwärtigen Bereiche von der Glasmacherpfeife nehmen
mußte. Für den Zeitraum dieser Arbeiten wurde die Glasplastik zur besseren
Handhabung an ihrer Vorderseite mit einem Glastropfen an ein Hefteisen
geklebt. Dieser Vorgang kann eigentlich als sicheres Indiz dafür gewertet
werden, daß das Gefäß auch an seinem hinteren Ende eine Öffnung
besaß. Bei einem hinten geschlossenen Objekt wäre das Anbringen eines
Hefteisens als Arbeitsschritt nicht erforderlich gewesen.

Unguentarium oder Titina? - Zur Funktion des Baden-Badener Glastieres

Wie die Objektbeschreibung bereits zu erkennen gab, liefert das Fragment
trotz seiner Bruchstückhaftigkeit einige wertvolle Anhaltspunkte, die eine
Beurteilung des ursprünglichen Aussehens und der damit verbundenen
Funktion erlauben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnis,
daß jenes Gefäß aufgrund eines technischen Details, der Anordnung der
Heftnarbe, zwei Öffnungen besessen haben muß. Die rückwärtige Öffnung
wird hierbei in Analogie zu allen komplett erhaltenen und vorne geschlossenen
Gefäßen dieser Gruppe als Ausguß gestaltet gewesen sein. Die Ausformung
dieser Ausguß- oder Einfüllöffnungen ist bei den längsoval liegenden
bzw. stehenden Gefäßen nicht einheitlich ausgeprägt. Eine Variante
zeigt stark in die Länge und bogenförmig nach oben gezogene Ausgußtüllen36
. Durch diese vertikal zur Gefäßachse stehende und über das Gefäß
hinausragende Öffnung war der Gefäßkörper komplett auffüllbar, das Gefäß
konnte also ohne weiteres zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten dienen
. Bei der zweiten Variante liegt der ebenfalls tüllenartig ausgeprägte
Ausguß nahezu horizontal zur Mittelachse des Gefäßes37. Da diese Gläser
zur Aufnahme flüssiger Inhaltsstoffe wenig geeignet erscheinen, waren sie
möglicherweise für die Aufnahme anderer Inhaltsstoffe, wie beispielsweise
pulverförmiger Kosmetika oder Salben, konzipiert.

Das Baden-Badener Fundstück ist funktional keiner der beiden Gruppen
unterzuordnen. Die beiden Öffnungen lassen eine Nutzung des Glases als
Aufbewahrungsbehältnis im Sinne eines Unguentariums nicht zu. Gerade
aber die Öffnungen weisen im Zusammenhang mit der langgestreckten
Schnauze des Tieres in eine ganz andere Richtung hinsichtlich der ursprünglichen
Zweckbestimmung. Die ausgezogene, fast spitzkegelförmige
Tülle zeigt - von ihrer Machart und ihren Abmessungen her - erstaunliche

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