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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 151
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graphie wurden an der inneren Wandung dieser Gefäßgruppe Fettreste festgestellt
. Die hierbei nachgewiesenen Fettsäuren ließen sich als Bestandteile
von Milch identifizieren53. Die Einwände bezüglich der Gefährlichkeit'
der gläsernen Saugflaschen sind nicht gänzlich von der Hand zu weisen.
Die Saugtüllen waren gegen Beschädigungen anfällig54, die Belastungen,
die durch das Kind in saugend und leicht kauender Bewegung auf die Tüllen
einwirkten, mußten entsprechend abgedämpft werden. Vorauszusetzende
Schutzmaßnahmen sind uns leider nicht überliefert. Betrachtet man in
diesem Zusammenhang aber die Verhältnisse des späten 18. und frühen 19.
Jahrhunderts, wird man feststellen, daß sich die Menschen in dieser Zeit
noch mit den gleichen Problemen konfrontiert sahen. Die harten und kantigen
Saugöffnungen mußten, um eine Verletzung am Munde des Säuglings
zu vermeiden, abgedämpft werden. Man bediente sich zu diesem Zweck
kleiner Leinenläppchen, die man um die Mundstücke der Saugflaschen
wickelte. Zuweilen fanden aber auch präparierte Kuhzitzen Verwendung,
die über die Flaschen gezogen werden konnten55. In römischer Zeit wird
man wohl am ehesten eine Abdämpfung der Glastüllen mittels Textil-
stücken erreicht haben.

Bei der Beurteilung des Momentes Gefährlichkeit' erscheint dem Verfasser
eine umgekehrte Argumentation sinnvoller. Bis zum Auftreten der gläsernen
Formen im 2. Jahrhundert waren Saugflaschen aus Keramik im allgemeinen
Gebrauch. Die Oberflächen der Gefäße sind, bestätigt durch
eigene Betrachtungen an Originalen56, als uneben, porös und bisweilen
sandig rauh zu bezeichnen57. Eine Flüssigkeit, in erster Linie wohl Milch,
die in diese Gefäße gegeben wurde, mußte aufgrund der Keramikbeschaffenheit
zwangsläufig in die Gefäßwände einsickern. Selbst wenn man das
Gefäß vor dem Befüllen in Wasser legte, damit sich die Wände bereits
vollziehen konnten, ist mit einem Austausch zwischen Gefäßinhalt und
Keramik zu rechnen. Das Problem lag damit in den schlechten Reinigungsmöglichkeiten
dieser Gefäße. Milchreste, die auf diese Weise in die
Gefäßwandung eindrangen, waren nicht entfernbar. Damit bestand die Gefahr
einer bakteriellen Verunreinigung des Gefäßes, die bei dem Kleinkind
zu schweren Magen- und Darminfektionen führen konnte. Mit dem Wechsel
zu den gläsernen Sauggefäßen war dieser Gefahr besser zu begegnen,
da der Werkstoff Glas im Vergleich zur Keramik besser zu reinigen war58.
Die vordergründig in der Literatur angeführte und durchaus vermeidbare
Gefahr einer Verletzung durch die gläsernen Saugtüllen ist mit Sicherheit
geringer einzuschätzen als die schleichend unsichtbare Gefährdung des
Kleinkindes infolge bakterieller Infektionen. Diese Ansteckung war für die
damaligen Menschen nur in ihrer Wirkung - der Erkrankung des Kindes -
registrierbar. Möglicherweise ist der Übergang von Keramik zu Glas als
umgesetzter Erfahrungswert zu interpretieren. Die frühesten gläsernen

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