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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 184
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sehe Kammerrat Georg Stemmer sowie der Straßburger Bürger Georg
Stolcher, befürchteten, daß der Offenburger Rat nun leichtfertig und ohne
Beachtung der strafprozessualen Förmlichkeiten mit der Inquisition beginnen
könnte. Aus Angst vor einer ungerechtfertigten Verhaftung strengten
sie präventiv eine Klage gegen Offenburg am RKG an, das damals noch in
Speyer residierte. Dies war Anfang März 160336, also lediglich zweieinhalb
Monate, nachdem Rudolf DL den Kommissionsabschied bestätigt
hatte. Man erkennt, innerhalb welch kurzer Zeitspanne sich die Situation in
Offenburg zugespitzt haben mußte.

Das RKG besaß nur eine beschränkte Zuständigkeit in Stafsachen. Mittelbare
Reichsuntertanen durften dort lediglich im Rahmen sog. Nichtigkeitsklagen
geltend machen, „daß in peinlichen Sachen, auch leibstraff belangende
sein unerfordert und unverhört und also nichtigklich oder sunst
wider natürlich Vernunft und billigkeyt wider ine procedirt, gehandelt und
geurtheylt" worden37. Strafurteile durften also nicht auf ihre Vereinbarkeit
mit dem materiellen Strafrecht überprüft werden. Das Rechtsmittel der
Appellation38 an das RKG war in Strafsachen verboten39. Dagegen bot die
Nichtigkeitsklage die Möglichkeit, Verstöße gegen zwingende Grundsätze
des Strafprozeßrechts umfassend zu überprüfen. Für den Fall, daß eine
diesbezügliche Klage begründet war, sollte das RKG den untergerichtlichen
Prozeß für nichtig erklären und das Territorialgericht auffordern, den
Fall nochmals, diesmal jedoch unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Reichsgerichts, zu verhandeln40.

Nachdem die Supplikation41 Hans Adam Clossners und seiner Mitkläger in
Speyer eingegangen war, reagierte das RKG sehr schnell. Im Gegensatz
zur älteren teilweise sehr polemischen Kritik an der Langsamkeit des obersten
Reichsgerichts42 gelangt man bei einer sorgfältigen Untersuchung
durchaus zu einem sehr differenzierten Bild. Gerade in Prozessen, in denen
es um Leben und Tod ging, war das RKG oft bestrebt, den Klägern unverzüglich
zu helfen. Im Fall Clossner erkannte das RKG bereits am 11. März
1603 ein Berichtsschreiben43. In diesem Schreiben informierte es die beklagte
Reichsstadt darüber, daß wegen der drohenden Verhaftung Barbara
Pfäffingers eine Nichtigkeitsklage erhoben worden sei, und forderte den
schriftlichen Bericht des Rates zu dieser Sache ein. Der Kammerbote Caspar
Schernberger gelangte am 23. März nach Offenburg und meldete sich
beim Schultheißen an, um das Berichtsschreiben förmlich zu übergeben.
Schernberger verfaßte über seine Erlebnisse folgende Relation: „darauf ge-
melter Schultheiß mir den bescheidt geben das Morgens tags den 24t er
den Rath zusammen laßen kommen wolle, Und mich anzuhören"44. Der
Bote wurde also auf den nächsten Tag vertröstet. Dieses war an sich nicht
überraschend. Bei RKG-Prozessen gegen Städte sollten nämlich sämtliche

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