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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 186
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1995/0186
Tage nach der Verhaftung Barbara Pfäffingers erließ es am 29. März 1603
eine „Citatio Inhibitio & Compulsoriales" an „Schultheißen, Meister unndt
Rath der Stadt Offenburg"55. Dadurch eröffnete das Gericht förmlich den
Nichtigkeitsprozeß. Mit der Citatio lud es die Beklagten zu den Verhandlungen
nach Speyer vor. Der sog. Compulsorialbrief war ein Befehl, die
Prozeßakte innerhalb von zwei Wochen an die Kläger auszuhändigen, die
diese nach Speyer einschicken sollten, damit sich das RKG über die vorgetragenen
Nichtigkeitsgründe ein eigenes Bild machen konnte56. Die Inhibitio
schließlich sorgte für den Suspensiveffekt der Klage. Den Offenburger
Hexenverfolgern war es jetzt untersagt, gegen die Gefangene weiter zu
prozessieren, „alldieweill dieselbe vor Unns Unndt gedachtem Unserm
Cammergericht Inn unentschiedenem Rechten schwebet"57. Das für das
frühe 17. Jahrhundert in der Tat erstaunliche Arbeitstempo des RKG mag
man am Verkündungstermin dieser Ladung erkennen. Nur zwei Tage nach
Erlaß der Citatio erreichte der Kammerbote Stephan Crickenbach die
Reichsstadt und händigte dem Schultheißen das Dokument aus.

Wie bereits das Berichtsschreiben die Situation der Barbara Pfäffinger
nicht verbesserte, sondern vielmehr deren überstürzte Verhaftung und Folterung
zur Folge hatte, so bewirkten auch die Citatio und Inhibitio nichts.
Leider ist es nicht möglich, die Reaktion des Offenburger Rates auf die
RKG-Intervention zu klären, da die Ratsprotokolle von 1603/04 verlorengegangen
sind58. Über den Fortgang des Prozesses sind wir durch die
RKG-Akte aber doch unterrichtet. „Ohne Zweifel Unserer hievor ausgegangenen
kayserlichen Inhibition zu sonderm Despekt, und deroselben zuwider
", so beschwerten sich die Angehörigen, sei die Beschuldigte erneut
in „erschreckliche zuvor nie erhörte Marter" genommen worden, um sie
„wiederum zu einer neuen Bekenntniß und Urgicht59 zu zwingen"60. Die
Offenburger Hexenverfolger ließen sich anscheinend von der Hilfe des
RKG zugunsten der inhaftierten Bürgersfrau nicht beeindrucken. Als würde
ihr Verhalten nicht vom obersten deutschen Gericht auf seine Rechtmäßigkeit
hin strengstens beobachtet, schreckten die Ratsherrn nicht davor
zurück, die Gefangene nochmals foltern zu lassen. Vermutlich erhoffte
man, daß die alte Frau endlich ein Geständnis ablegte, damit man sie möglichst
schnell hinrichten konnte. Die Inquisitin blieb jedoch auch in der
wiederholten Marter standhaft. Ihr Ehemann, der Stettmeister Weller,
strengte in dieser Situation nun einen weiteren RKG-Prozeß an. Neben
dem Nichtigkeitsverfahren, das ja bereits lief, beantragte der Kläger jetzt
zusätzlich die Eröffnung eines Mandatsprozesses. Im Gegensatz zum
Nichtigkeitsprozeß, der als ordentliches Citationsverfahren geführt wurde
und bei dem ein RKG-Urteil erst nach Abschluß der langwierigen Verhandlungen
ergehen konnte, war der Mandatsprozeß ein außerordentliches
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes61. Ohne die Gegenseite vorher

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