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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 188
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lichkeit des Verbrechens die üblicherweise zugunsten der Angeklagten bestehenden
strafprozessualen Schutzvorschriften außer Kraft setzen durfte.
„In delictis atrocissimis propter criminis enormitatem iura transgredi licet"
wurde zur juristischen Rechtfertigung der brutalsten Rechtsverstöße70. Hexerei
galt als „crimen exceptum", als Ausnahmeverbrechen, zu dessen
Bekämpfung die Richter nicht an die Schranken der Carolina gebunden
sein sollten. Folterungen ohne ausreichende Indizien, Beschränkungen der
Verteidigung, Geheimhaltung der Zeugen sowie des Belastungsmaterials
vor den Angeklagten und auch die rechtswidrige Wiederholung der Folterung
, ohne daß neue Verdachtsmomente vorlagen, waren an der Tagesordnung71
. Das RKG hielt demgegenüber am Grundsatz fest, daß auch in Hexenprozessen
die Vorschriften des ordentlichen Inquisitionsprozesses eingehalten
werden müßten. „Ohne genügsame Indicien", also ohne hinreichenden
Tatverdacht72, sollte auch bei der Verfolgung der Hexerei nicht
mit der Folterung begonnen werden.

Ob das RKG-Mandat zugunsten Barbara Pfäffingers von Offenburg befolgt
wurde, ist schwer festzustellen. Jedenfalls wurde die als Hexe verdächtigte
Bürgersfrau tatsächlich nicht hingerichtet, blieb allerdings inhaftiert. Zu
einer größeren Hexen Verfolgung, die die Offenburger Zünfte mit ihrer Beschwerde
beim RHR-Kommissar wohl einleiten wollten, kam es dennoch
nicht. 1603 kam es zu zwei Hexenverbrennungen, 1604 zu einer73. Danach
wurden jedoch bis 1608 keine neuen Prozesse mehr durchgeführt74. Besieht
man sich angesichts dieses Befundes das RKG-Protokollbuch des
Nichtigkeitsprozesses Clossner genauer, so fällt auf, daß das Speyerer
Reichsgericht Ende 1605 eine Kommission nach Offenburg entsandte, die
dort Zeugenvernehmungen durchführte und den Prozeß gegen Barbara
Pfäffinger umfassend untersuchte75. Als abzusehen war, daß ein Kommissar
entsandt würde und während die Kommission in der Reichsstadt arbeitete
, fanden in Offenburg also überhaupt keine Hexenprozesse mehr statt.
Insofern hatte die Intervention des RKG Erfolg. Barbara Pfäffinger, zu deren
Gunsten am RKG geklagt worden war, kam dieses Abflauen der Verfolgung
allerdings nicht zugute. Um die Freilassung der inzwischen bereits
vier Jahre gefangenen Frau zu erzwingen, erließ das RKG 1607 ein Mandat
„de Relaxando captiua et Cautionis". Die Beklagten sollten Frau Pfäffinger
also gegen angemessene Kautionszahlung wieder entlassen. Dies
geschah jedoch nicht. Der klägerische RKG-Prokurator Dr. Sigismund
Haffner76 beschwerte sich darüber, „das die gefangene der Thurm gefeng-
nuß erledigt, Aber hingegn ins Haus verstrickht", also „gegen gelaister
gnugsamer Caution sie mit nichten auf freien fueß gesteh" worden sei77.
Man hatte also lediglich die Haftbedingungen gelockert und die Frau unter
Hausarrest gestellt. Die Anordnung des RKG, Barbara Pfäffinger freizulassen
, war dagegen nicht befolgt worden. Dr. Haffner beantragte daher ein

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