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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 189
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„fürderlich urteil". Das RKG ging erst nach über einem Jahr auf diesen
Antrag ein und schlug ihn ab78. Der RKG-Prozeß bekam nun immer stärker
den Charakter eines typischen Citationsverfahrens mit seinen ständigen
Fristsetzungen und -Verlängerungen79. Die Lebensgefahr für die Pfäffinge-
rin war abgewendet, nun lief das Verfahren seinen üblichen bürokratischen
Gang. 1617 war in einem Zwischenurteil von „der noch verstrickten Barbara
Pfeffingerin" die Rede80 - zu diesem Zeitpunkt stand sie bereits zehn
Jahre unter Hausarrest! 1622 gewann es plötzlich den Anschein, nachdem
zuvor drei Jahre gar nicht verhandelt worden war, als sei Offenburg vergleichsbereit
und an einer weiteren Prozeßführung nicht mehr interessiert.
Dr. Haffner berichtete, „das die beclagte gern sehen, das dieser proceß uff-
gehoben und eingestellt werde". Seine Mandanten seien dazu bereit, wenn
Offenburg deren zwischenzeitlich beschlagnahmtes Vermögen „ohnent-
geltlich widerumb heraußgeben" würde81.

Daß Offenburg daran interessiert war, den für die Reichsstadt sicherlich
peinlichen RKG-Prozeß zu beenden, läßt sich bereits 1609 nachweisen.
Christoph Weller, Barbara Pfäffingers Ehemann, hatte beim Rat beantragt,
aus dem Offenburger Bürgerrecht entlassen zu werden. Ob dies angesichts
des noch schwebenden RKG-Prozesses ratsam sei, wagte die Reichsstadt
allein nicht zu entscheiden und fragte daher bei der Freiburger Juristenfakultät
um Rat. Die Konsulenten entschieden, „daß Nemblich weil seine
h[aus]frawen sach noch bey einem hochl[öblichen] Kay[serlichen] Cammergericht
unerörtert hangt und er sich zu einem Consorten Litis [= Streitgenossen
] gemacht, könte mahn noch (. . .) nitt willfahren". Der Offenburger
Rat beschloß daher, Weller solle sich um ein schleuniges Ende des
RKG-Verfahrens bemühen „unnd soll nach vollenten Proceß Ime die gebür
widerfahren"82. Auch wenn der Rat davon sprach, daß sich der Stettmeister
„umb befürderung des Processes", also um Beschleunigung, kümmern
solle, so scheint es doch kaum zweifelhaft, daß der Kläger damit zur Klagerücknahme
gedrängt werden sollte. Der Versuch der Territorialgewalten,
ihre Untertanen zur Beendigung begonnener RKG-Verfahren zu bewegen,
läßt sich auch in anderen Hexenprozessen nachweisen83. Wie in den meisten
Fällen, so ließ sich auch der Offenburger Kläger zu diesem Schritt
nicht nötigen.

1622 schien der Offenburger Rat nun angeblich ohne Gegenleistung des
Klägers zur Beendigung des Verfahrens bereit zu sein. Ob diese Darstellung
Dr. Haffners den Tatsachen entsprach, muß allerdings bezweifelt werden
. Offenburgs RKG-Prokurator war „von diesem Ahngeben nichts be-
wust"84, und ein außergerichtlicher Vergleich wurde wohl kaum geschlossen
. Das RKG fällte nämlich im Sommer 1624 - nach 21 jähriger Prozeßdauer
!85 - das Endurteil im Nichtigkeitsprozeß Clossner/Offenburg, das

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