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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 197
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weis. Vor dem Rat erschien am 13. Oktober der Straßburger Notar Johann
Lemmer, der von Philipp Baldauf bevollmächtigt worden war, sich um einen
Besuch bei der Gefangenen zu bemühen136. Offenburg solle sich zudem
schriftlich zum Mandatsbefehl erklären. Der Offenburger Rat erklärte
Lemmer, er habe verstanden, was Baldauf „in ca[usa] seiner nicht unschuldig
eingezogenen Schwieger Mariae linderin" begehre. Man ersehe hieraus
jedoch, daß der RKG-Kläger „seinen gebrauch nach ein E[hrsamen] Rath
zu calumnirn137 nicht unterlassen" habe. Die Ratsherrn betrachteten das
RKG-Mandat also als Beleidigung und drohten, „zue seiner Zeit dasselbig
rechtlich zue vindicirn"138. Wegen des Besuchs bei Maria Linderin „erpeut
sich ein E[hrsamer] Rath Ime den Impetranten139 Im bei sein dem darzu
verordneten herrn eines E[hrsamen] Rath eintweder vohr oder nach Mittag
den buechstab der Kay [serlichen] Mandati gemäß zu gestatten"140. Die
Ehefrau Fehr mußte also noch leben, sonst hätte man dem Notar Lemmer
keinen Besuch ermöglichen können. Die am 6. Oktober hingerichtete
Sabina muß demnach eine andere Frau gewesen sein. Volk berichtet von
einer Inquisitin Sabina, Ehefrau des Peter Probst141. Falls sie hingerichtet
wurde, wäre freilich der Nachname im Ratsprotokoll falsch angegeben.
Maria Linderin allerdings lebte: Sogar im Dezember 1608 beschäftigte
sich der Rat in seinem Schriftverkehr mit den Freiburger Konsulenten noch
mit dem Hexenprozeß gegen sie142. Man hatte es also nicht gewagt, den
am 2. Oktober gefaßten Plan, Maria Linderin zu verbrennen, in die Tat umzusetzen
. Die Erklärung des Rates, dem Mandat zu parieren, wurde demnach
befolgt. Was aus Maria Linderin wurde, ob und wann sie ihre Freiheit
wiedererlangte, entzieht sich jedoch unserer Kenntnis.

Die Wut, die sich beim Offenburger Rat wegen der ständigen Niederlagen
vor dem RKG angestaut hatte, kommt in den Haßtiraden gegen den Straßburger
RKG-Kläger Philipp Baldauf deutlich zum Ausdruck. Ihm warf
man Injurien vor und drohte ihm sogar an, ihn am RUR zu verklagen143.
Dieses Vorhaben belegt deutlich, daß der Offenburger Rat sich vom RKG
im Stich gelassen fühlte und seine Hoffnungen auf eine harte Linie in
Hexensachen ganz auf den RHR setzte. Nachdem der RKG-Prokurator
Seiblin über die für Offenburg ungünstige Entwicklung im Fall Fehr-
Baldauf berichtet hatte, beschloß der Rat, mit Hilfe des Offenburger Licen-
tiaten144 Westermeier „ein schreiben ahn die Rom[ische] Kay[serliche]
M[a]y[estä]t, Unnsern allergn[ädigsten] herrn ahnzustellen, sich über die
Sperrung d[er] Cammer zu grauiren"145. Die hexenfreundliche Rechtsprechung
des Kammergerichts empörte den Rat also aufs äußerste. Unterstützung
erhoffte man sich dagegen vom Hofrat. Das Spannungsfeld zwischen
RKG und RHR in Hexensachen kann wohl kaum klarer herauskristallisiert
werden als gerade im Plan des Offenburger Rates, sich beim RHR über das
RKG zu beschweren. In der Tat hatten der RHR-Kommissar Fürstenberg

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