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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 199
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„freiwillig" bekennen sollte. In ihrer Not bestätigte die Frau die Be-
sagungsliste152. Diese Technik der Besagungserpressung verstieß eindeutig
gegen Art. 31 § „Erstlich" CCC. „Dem sager" durfte „die beklagt person,
inn der marter mit namen nit fürgehalten, vnnd also auff die selbig person
sonderlich nit gefragt oder gemartert worden" sein153. Diese Vorschrift hatte
Offenburg bei der Indiziengewinnung gegen Anna Maria Hofmann verletzt
. Insofern war der gegen sie geführte Hexenprozeß von Anfang an
nichtig. In der RKG-Klage wurde ferner vorgetragen, daß Besuche bei der
Gefangenen nicht möglich seien, da sie in strenger Isolation gehalten werde
. „Ohngeachtet Sie schwangern Leibs", sei sie nur zwei Tage nach der
Verhaftung „auf die Foltter gespannt" worden154. Ob die Inquisitin wirklich
schwanger war, erscheint unwahrscheinlich. Im weiteren Prozeßverlauf
war davon jedenfalls nicht mehr die Rede. Da die Folterung schwangerer
Frauen jedoch verboten war155, lassen sich mehrfach Fälle feststellen
, in denen weibliche Inhaftierte durch den Hinweis auf angebliche
Schwangerschaften die Tortur abzuwenden versuchten156.

Wegen der wiederum von Offenburg begangenen schweren Verstöße gegen
die Carolina wartete das RKG nun erst gar kein Berichtsverfahren ab, sondern
erließ sofort ein unklausuliertes Mandat. Die Speyerer Assessoren untersagten
es den Offenburgern ausdrücklich, gegen Anna Maria Hofmann
„uff bloses zugetrungenes unnd suggerirtes157 angeben anderer mißthätti-
ger und für solche hingerichter Persohnen ohn vorgehende In recht bestendige
ohnzweiffenliche Anzeigung Viel weniger ohne d[er]selbig eigentlichen
beweiß und kundtliche erkundigung und dar geg[en] Ihrer und dero
befreundter Rechtlicher purgation158, mit unzeitiger tortur" fortzufahren.
Alles, „waß bißhero nichtiglich also gehandlet" worden sei, müsse aufgehoben
werden, den „befreundten und andern so sich ihrer zum rechtlich
beistandt annehmen werden", müsse „frei sichern ab und zugang
V[er]gonnet" werden. Überhaupt müsse die „gefangene ausserhalb was mit
ordenlichen Rechten und mehr alß bißhero geschehen, den gemeinen rechten
, und des heyligen Reichs peinlich Gerichts Ordnung gemeß, mag besehenen
unbelestigt" gelassen werden159. Dieses Mandat160, sechs Tage
nach der Verhaftung der Inquisitin bereits erlassen, ist wesentlich schärfer
formuliert als das 1603 zugunsten Barbara Pfäffinger erlassene, aber auch
als das zugunsten Maria Linderins. Sowohl der Verzicht auf das vorhergehende
Berichtsschreiben wie auch die Erweiterung des Mandatsbefehls
über den freien Zugang zur Gefangenen hinaus belegen, daß das RKG den
Offenburger Hexenprozessen immer kritischer gegenüberstand. Die abschließende
Anordnung, keinesfalls gegen die Carolina zu verstoßen, stellte
eine deutliche Absage an den „crimen-exceptum"-Gedanken dar. Gleichzeitig
unterstrich das Gericht, daß es die bisherigen Offenburger Prozesse
zumindest teilweise für rechtswidrig ansah.

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