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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 202
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den. Auch in Mandatssachen war das Gericht bisher ausschließlich wegen
rechtswidriger Folterungen und Isolierhaft in Anspruch genommen worden
. Jetzt sollte Speyer sich über die reinen verfahrensmäßigen Nichtigkeitsgründe
hinaus zu den Haftbedingungen im Offenburger Hexengefängnis
äußern. Das RKG hielt sich für befugt, auch die Milderung der Haftbedingungen
in Mandatsprozessen einzufordern170. So erließ das Gericht am
27. Juni 1610 ein Mandat „demitigando de carcere171 sine clausula" und
entschied: „Hierumb so gebieten wir Euch (. . .) das Ihr den nechsten [Tag]
nach Überantwortung diß Briefs (. . .) Sie verhafftin In ein Leidenlicherer,
und zur Medicin bequemere Custodien172, in welcher Ir, in Irer Leibs Blödigkeit
der gepür gepflogen, sie nach notturfft von den Medicis curirt werden
möge, gute gedeyliche speyß Undt tranckh, wie auch nothwendige
Medicamenta, In Ihrer Kranckheit widerfahren laßet"173. Das RKG ordnete
zwar nicht die Freilassung der Inquisitin an. Es machte jedoch deutlich,
daß es nicht zulassen wollte, daß kranke Gefangene in den finsteren und
ungesunden Kerkern leiden mußten. Nach medizinischen Gesichtspunkten
sollten die Gefängnisse sogar „bequem" sein!

Der Offenburger Rat wollte zu dieser Frage zunächst ein medizinisches
Gutachten eines Dr. Hautenreitter aus Straßburg über die Haftfähigkeit der
Inquisitin einholen174. Als der Arzt wegen einer eigenen Erkrankung aber
nicht nach Offenburg reisen konnte, „Ist concludirt daß dem mandato umb
abkurzung des proces parirt" werden solle175. Dieser Beschluß, dem
Mandatsbefehl nachzukommen, ist vor allem wegen seiner Begründung
interessant. Die Reichsstadt war um eine Abkürzung des RKG-Verfahrens
bemüht. Wie bereits 1609 der Stettmeister Weller zur Rücknahme der
RKG-Prozesse wegen Barbara Pfäffinger bewegt werden sollte, so erhoffte
sich Offenburg von einer langen Prozeßführung auch diesmal keine
Verbesserung der Siegchancen. Wegen der mehrjährigen Verfahrensdauer
befürchtete der Rat zudem, im Falle eines negativen Endurteils mit erheblichen
Kosten belastet zu werden176. Daher mußte er sich äußerst vorsichtig
verhalten. Einerseits mußte er versuchen, ein Endurteil des
RKG durch Fristverlängerungen und neue Anträge hinauszuzögern, um den
Prozeß nicht zu verlieren. Andererseits mußte versucht werden, die Kosten
nicht durch sinnlose Prozeßhandlungen in die Höhe schnellen zu lassen.

Wegen der Frage, wie man dem RKG-Mandat parieren solle, waren die
Offenburger Ratsherrn unsicher. Wohin sollte man die Hofmännin verlegen
? Eberhard Pabst hatte wiederholt „umb verhafftung Ins hauß angeruf-
fen"177. Möglicherweise hatte man aber mit dem Hausarrest der Barbara
Pfäffinger schlechte Erfahrungen gemacht. Pabsts Antrag wurde jedenfalls
abgelehnt und dagegen „die Elend herberg"178 als neue Unterkunft der Gefangenen
für „rhatsam befunden". Die Situation der Gefangenen verbesser-

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