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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 203
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te sich jedoch keineswegs. Obwohl inzwischen seit zwei Jahren keine
Hexenverbrennung mehr stattgefunden hatte, fühlte sich Anna Maria Hofmann
immer noch in der Gefahr „anderweit Torquirt, und volgendts hingerichtet
" zu werden179. Sie erhob beim RKG eine Nichtigkeitsklage und
führte dort aus, der erneute Haß des Rates und die Verschärfung des Prozesses
liege gerade daran, daß es den Rat „schmertzet, daß der vorige mit
der Verhafftin gepflogene Proceß per sententiam paritionis180, bey (. ..)
deß Heyligen Römischen Reichs höchsten Justitien improbirt181 und tacite
verworffen" worden sei182. Diese Aussage der inhaftierten Anna Maria
Hofmann beweist, daß es den am RKG beklagten Hexenverfolgern
keineswegs gleichgültig war, wie das Reichsgericht ihr Verhalten beurteilte.
Gerade weil die Klägerin den Mandatsprozeß gewonnen hatte, war der Haß
des Rates auf die angebliche Hexe noch gesteigert worden. Welchen Imageverlust
es bedeutete, wenn ein Territorium einen RKG-Prozeß gegen einen
Untertanen verlor, erhellt auch ein Fall aus der Grafschaft Lippe aus der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Dort äußerte ein als Hexer beklagter
Mann, daß die Verfolger „nichts mehr fürchten, alß das Ihr übele proceduren
an dießem höchsten Gericht werden entdecket, undt an tag gelegt"183. Diese
Einschätzung läßt sich auf Offenburg problemlos übertragen.

Doch auch in dem neuen Nichtigkeitsprozeß der Anna Maria Hofmann sah
es für Offenburg von vornherein schlecht aus. Seit dem Paritionsurteil vom
Dezember 1609 hatten die Beklagten, so Frau Hofmann, inzwischen zehn
weitere nichtige Prozeßhandlungen verübt: Die Inquisitionsakte und die
Namen der Belastungszeugen seien bis „uff dieße stundt nicht edirt" worden184
. Ihrem Rechtsbeistand seien ständig zu kurze Fristen bemessen worden
, so daß eine angemessene Verteidigung nicht möglich gewesen sei.
Diejenigen Indizien, die das Kammergericht bereits im früheren Prozeß als
nichtig zurückgewiesen habe, seien der Hofmännin nun als neue Indizien
ein zweites Mal zugestellt worden. Dem Ehemann sei zunächst eine Kaution
wegen der in Offenburg aufgelaufenen Prozeß- sowie der Ernährungskosten
abgenötigt worden, schließlich sei er sogar, da er „aus ungedultt etwas
scharpff, doch der Noturfft nach, seine Haußfraw defendirt" habe, für
einige Zeit „ins gefengknus geworffen" worden. Einem Beistand der Inqui-
sitin seien bei einer Zeugenvernehmung „ungewöhnliche Pflichten abge-
trungen" worden. Entlastungszeugen hätten sich nicht äußern dürfen,
wichtige Dokumente seien geheimgehalten worden, und schließlich sei
„auch Unßerm de mitigando carcere außgangenem Kayß[erlichen] Manda-
to in deme nit parirt" worden, daß immer noch übereilt gegen die Gefangene
vorgegangen werde.

Das RKG eröffnete antragsgemäß einen Nichtigkeitsprozeß und erließ eine
Ladung sowie einen Zwangsbrief zur Aktenherausgabe185. Die Vermutung

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