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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
75. Jahresband.1995
Seite: 208
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Offenburger Prozesse 1630 plötzlich endeten? Kähni vertritt die Auffassung
, daß die einrückenden Schweden die Reichsstadt von der „Volkskrankheit
" des Hexenwahns geheilt hätten221. Diese Ansicht lehnt sich an
Volk an, der jedoch differenziert: Zwar hätten die Schweden mit „Eisen
und Feuer" die Hexenprozesse beendet, doch sei der Hexenwahn „hier als
im Jahr 1630 beendet zu betrachten"222. Allerdings besetzten die Schweden
Offenburg erst am 11. September 1632, so daß ein Zusammenhang der
Kriegshandlungen mit dem Ende der Offenburger Hexenprozesse nicht bestehen
kann223.

Der entscheidende Umschwung vollzog sich bereits im Dezember 1629.
Eine als Hexe eingezogene und gefolterte Frau namens Agnes Gotter, in
Offenburg bekannt als Gotter Neß, überstand die Tortur, ohne ein Geständnis
abzulegen. Obwohl sie zweimal auf den sog. Hackerschen Stuhl gesetzt
worden war, hatte man ihr eine Urgicht nicht erpressen können. Der
Hackersche Stuhl war ein mit Stacheln bestückter Metallstuhl, der - vermutlich
durch untergeschobene Kohlen - bis zu glühender Hitze erwärmt
werden konnte224. Diesen Foltergrad hatte bisher kein Angeklagter überstanden
. Der verunsicherte Offenburger Rat beschloß daher am 3. Dezember
1629, Gotter Neß freizulassen und die Hexenprozesse bis Weihnachten
auszusetzen225. Anfang 1630 wurden dann noch einmal zwei Frauen als
Hexen verhaftet, gefoltert und zum Tode verurteilt. Kurz vor der Hinrichtung
widerriefen sie allerdings ihre Geständnisse. Der Rat, der den Ausgang
des Gotter-Neß-Verfahrens als peinlichen Mißerfolg noch deutlich
vor Augen hatte, wagte nicht, die Angeklagten wiederholt foltern zu lassen
. Er entschloß sich vielmehr dazu, die Frauen am 4. Februar 1630 aus
dem Gefängnis zu entlassen226. Zu einzelnen Inquisitionen im Zusammenhang
mit Zauberei kam es auch 1631, 1639, 1641 und 1642 noch227, doch
handelte es sich hierbei um Sonderfälle.

Damit erloschen die Offenburger Hexenbrände völlig unabhängig von
äußeren Einflüssen aufgrund der Standhaftigkeit und des Mutes einer einzelnen
Inquisitin, der Folter zu widerstehen. Vor allem Gotter Neß, von
Volk als „heldenkräftiges Weib" gelobt228, die durch ihre Beharrlichkeit
den Umdenkungsprozeß der Ratsherrn ab Dezember 1629 einleitete, führte
dem Rat die Fragwürdigkeit der Hexenverfolgung vor Augen229. Dieser
war immerhin einsichtig genug, um seinen bisherigen Verfolgungseifer als
Unrecht zu erkennen. So brach der Rat, der die Verfolgungen 1627 aus
eigener Initiative begonnen hatte, die Hexenprozesse 1630 selbst ab.

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